Auf dem Friedhof in Kirchenlamitz

An der Nordmauer des Friedhofes:

 

[1]

Stark abgetretener und beschädigter Grabstein für den Richter Wilhelm Schmidt und dessen Ehefrau mit nicht näher zu bestimmendem Allianzwappen. Von der zweizeiligen Umschrift ist folgendes Fragment lesbar: "RICHTER ZV KIRCHENLAMITZ . SEINES ALTERS ... HERRN WILHELM SCHMIDTS SELICHEN HAUSFRAW". Röttger zählt den Stein unter den verschollenen Grabmälern aus der Michaeliskirche auf. [Röttger, S. 147, c; Bergmann, S.75, Nr.1]

Bei Scherber (§. 87) heißt es über Richter Schmidt: "Wilhelm Schmidt, zwischen welchem Ao. 1592 obiger Vertrag (§ 45) mit Bürgermeister und Gemeinde zu Kirchenlamitz unterm 5. May errichtet wurde. Er starb dahier am 22. Dec. 1612 im 74. Jahre seines Alters, laut seines in der Kirche befindlichen Leichensteins, welcher wenn man aus der Sacristey in die Kirche heraustritt, der erste linker Hand ist, und zugleich auch das Andenken seiner Gattin enthält. Er ist aber schon ziemlich ausgetreten."

   

[2]

Grabstein für Ursula Strobel. Unter den Ehewappen Spruch in Rollwerkskartusche. Im etwas niedrigeren unteren Feldteil ein beschädigtes Relief der Auferstehung Christi. Von der Umschrift ist folgendes zu entziffern: "(Ann)o 1625 Den 27. Augusti zwischen 8 vnd 9 vhr in der nacht ist in Gott entschlaffen die ..." Nach Scherber handelt es sich um den Grabstein zweiten Frau, Ursula, des Pfarrers Mag. Georg Strobel. Und Simon, Pfarrerbuch Nr. 2474, weiß entscheidend anzugeben, daß Pfarrer Strobels zu Wunsiedel am 22.11.1602 ihm angetraute zweite Frau Ursula Fischer, am 27.8. 1625 gestorben ist. H. 1,98 m, Br. 1,10 m. [Röttger, S. 148, Nr. 1; Bergmann, S.78, Nr.2]

Scherber schreibt (§ 175): "M. Georg Strobel, Pfarrer und Senior Capitul. allhier. Er war ein Sohn des Pfarrers Georg Strobel zu Röslau und eben daselbst geboren, studirte und promovirte zu Wittenberg und wurde gleichfalls ao. 1600 Diaconus zu Wonsiedel. Diese Stelle versah er 7 Jahre, nach deren Verlauf er zur hiesigen Pfarr gelangte, der er von ao. 1608 bis 1633 vorstand. Altershalber nahm er Ao. 1632 den nachmaligen Kaplan M. Wolfgang Friedrich zu seinem Substituten an. Endlich wurde dieser ehrwürdige Greis bei einen in den damaligen jammervollen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges geschehenen Einfall der Croaten elendiglich zugerichtet, er floh hierauf nach Münchberg, wurde aber daselbst ao. 1633 in einem Gasthofe umgebracht. Mit seinem zweiten Weibe Ursula erzeugte er zwei Söhne, Georg Friedrichen und Georgen, dann drey Töchter Anna Barbara, Barbara und Elisabeth. Davon heryrathete die mittlere, Barbara, den Superintendent Küfner. Diese seine zweite Gattin starb ao. 1625. Ihr Leichenstein liegt an der untersten Stufe der Kanzel, ist aber durch die daran anstoßenden Männer-Kirchenstuhle größtentheils verbaut."

 

 

[3]

Grabstein für Elisabeth Winter. In der Rollwerkkartusche befindet sich folgende Inschrift: "AN[N]O DO[MIN]I 1601 DEN 20 FEBRVARII VMB 5 VHR IST IN GOT VERSCHIDEN DIE ERBAR VND TVGENTSAME FRAW ELISABET STROBLIN SAMVEL WINTERS PFARERS ALHIE ANDERE EHLICHE HAVSFRAW ALS SIE ZV VOR DEN VII HVIVS VMB 5 VHR ZU FRVE EIN TOCHTERLEIN VRSVLAM GEBORN. DER GOTT V[N]D VNS ALLEN WOLLE GNEDIG SEIN. AMEN". H. 2,05 m, Br. 0,98 m. [Röttger, S. 144, Nr. 2; Bergmann, S.80, Nr.3]

Über Samuel Winter berichtet Scherber (§. 174): "Samuel Winter, Pastor et Senior capituli, von Wunsiedel gebürtig, wo deßen Vater Laurentius Winter von 1553 bis 1561 Diaconus war. Ao. 1556 genoß er das Friesnersche Stipendium zu Wunsiedel. Die Stelle als Syndiaconus in Wunsiedel bekleidete er von ao. 1560 bis 1570, wo er die hiesige Pfarr antrat, der er 38 Jahre lang vorgestanden ist. ... Seine erste Gattin war Sophia, eine Wittwe und geborene Buchtain. Seine Tochter Magdalena heyrathete 1596 Friedrich Schlötzern. Elisabeth ist 1588 geboren, Johann 1586, Samuel 1590, Veronika 1593, abermals Veronica 1595, Gertraud 1597, Georg 1599. ... Diese Kinder erzeugte er sämtlich mit seiner zweyten Gattin Elisabetha, einer Tochter des Pfarrers Georg Strobel zu Rößlau, mit der er am 10. Febr. 1585 von dem damaligen Pfarrer zu Weißenstadt, Balthasar Strobel, öffentlich vor der Gemeinde getrauet ward. Sie starb dahier als eine Kindbetterin. Ihr Grabmal befindet sich in der Kirche im neuen Gebäude gleich neben der Kanzel an der Mauer aufgerichtet ..."

 

   

[4]

Grabstein aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts mit zwei schlanken, durch einen senkrechten Lorbeerstab geschiedenen Feldern, die von Lambrequins eingerahmt sind. Inschrift unleserlich. H. 190 m, Br. 1 m [Röttger, S. 148, Nr. 2; Bergmann, S.81, Nr.4]

 

   

[5]

Grabstein für Catharina Elisabeth Clarner, Gattin des Gastwirts Johann Nikolaus Clarner. Die mit Laubwerk umrahmte Inschriftkartusche ist mit einer von zwei Putten gehaltenen Krone bekrönt. Die kleine Kartusche darunter enthält den Leichtext und ist von Putten mit Todessymbolen flankiert. Nach Röttger stammt der Stein aus einer in Wunsiedel tätigen Steinmetzwerkstatt, für die die primitiv geformten aber immerhin drollig wirkenden Putten charakteristisch sind. H. 190 m. Br. 0,90 m.

Bergmann entzifferte in der sonst nicht mehr lesbaren Inschrift des Steines das Datum 25. März 175.. und schreibt ihm dem Bürgerwehrhauptmann und Schneider Johann Heinrich Vates zu. Dieser ist jedoch am 4. Feb. 1753 gestorben und am 7. Feb. 1753 in der Kirche begraben worden. Besser passt die oben genannte Catharina Elisabeth Clarner, über deren Tod das älteste Kirchenlamitzer Kirchenbuch (S. 102, Jg. 1752, Nr. 21) folgendes berichtet: "Frau Kath. Elisabetha Klarnerin, H. Joh. Nic. Klarners, Burgermeister u. Gastwirths alh. ux. starb an d[er] Geschwulst und Wassersucht am 25. März Mittag ¾ auf 12 Uhr u. wurde den 28. ej. mit einer Pred. und Segnung in der Kirche beerd. Aet. 61 An. Leg. 5 fl. frk." Nach Scherber (§. 123) war Johann Nikol Clarner 1718 Ausschuß-Leutnant, Gastwirt und Bürgermeister in Kirchenlamitz. [Röttger S. 148, 3; Bergmann, S.81, Nr.5]

   

[6]

Grabstein des Magister Johann Georg Drechsel mit langer, nicht mehr lesbarer Inschrift in einem von Laubwerk umrahmten Feld. Oben zwei liegende Putten zu seiten einer Ovalkartusche mit nicht mehr erkennbarer Darstellung. 18. Jahrhundert. H. 190 m, Br. 0,92 m. Die Inschrift lautete nach Scherber: "Hier liegt der sterbliche Teil des in der Ewigkeit lebenden und in seinem Verdiensten unsterbliche weyl. S. T. Herrn M. Johann Georg Drechsel, bestverdient gewesenen Pfarrers allhier zu Kirchenlamitz. In Hof 1677 d. 3. Mart. gab ihm der Herr das natürl. und geistl. Leben und hier d. 28. 8br. (= Okt.) 1741 durch den zeitl. Tod das ewige Leben. Nachdem er nun als Feldprediger 5, als Diacon und Pastor hier 31 u. als Christ 64 Jahre 7 Monath und 3 Wochen gegen Gott gläubig und demüthig, gegen den Nächsten dienstfertig und redlich, gegen seine Gemein treu und fleißig, gegen die Seinigen väterlich und liebreich in der Unruhe der Erden gewandelt hat, so wandelt nunmehr die Seele dort in der ewigen Ruh. Hier aber wartet der Leib in der Verwesung, bis das Verwesliche wieder anziehe das Unverwesliche. Freuen sich über seinen Eingang im Himmel, dort in der Ewigkeit deßen 2 erste Eheliebste u. 3 letzten Kinder."

Drechsel war dreimal verheiratet: 1. Margaretha Elisabetha, geb. Lauer (* 06.03.1685 oo 09.08.1710 + 18.03.1715); 2. Dorothea Barbara, geb. Seidel (oo 29.07.1716 + 29.07.1722); 3. Maria Margaretha, geb. Schreider aus Lauenstein.

[Röttger S. 149, 4; Bergmann, S.82, Nr.6]

   

[7]

Grabstein für Georg Adam Seyler, Sohn des Kirchenlamitzer Försters Johann Adam Seyler. Verstorben am 07.11.1740. Die Kirchenlamitzer Sterbematrikel (1740, Nr. 70) berichtet hierzu: "Georg Adam Seyler, S. T. Herrn Johann Adam Seylers, Hochfürstl. Brandenb. wohlbestellten Försters allhier eheleiblicher älterer Sohn, starb den 7. Novbr. Abends zwischen 7 und 8 Uhr und ward den 10. ejusd. mit einer Predigt beerdiget. aetat. 22 Jahr weniger 1 Monat u. 2 Tag. Leg. 2 fl. rh." Laut Vermerk im Kirchenbuch wurde der Grabstein im August 1897 aufgefunden. Röttger sieht im Dargestellten einen wohl markgräflichen Füslier. [Röttger S. 145, 5, Bergmann, S.84, Nr.7]

Scherber (§. 109) schreibt über den Vater des Verstorbenen: "Johann Adam Seyler hatte eine Radius von hier zur Ehe, kam 1744 nach Selb, dann nach Thierstein, starb 1776."

   

[8]

Grabstein für den aus einer alten Kirchenlamitzer Familie stammenden Pfarrer Johann Wilhelm Clarner. Im Feld ein reliefiertes Kniestück des Verstorbenen, darunter eine Kartusche mit dem Leichtext. Kalkstein, H. 1,85 m, Br. 0,95 m. [Röttger S. 144, 3; Bergmann, S.84, Nr.8]

Scherber schreibt über ihn (§. 182): "Johann Wilhelm Clarner, geboren am 6. April 1642. Er ist der älteste Sohn des ehemaligen Diaconi Nicol Clarners dahier. Seine Mutter war Katharina Kaimin von Tröstau und sein Taufpath war der Bürgermeister Johann Wilhelm Neuper von hier, spielte schon als Kind mit predigen, Kirchen halten, Bücheraufschlagen pp. In seinem 11 Jahr kam er als Alumnus nach Wunsiedel ... von hier ging er 1659 auf die Schule zu Gera, blieb bis ao. 1663, bezog in diesem Jahr die Universität Jena. 1669 wurde er von denen H. von Aufsess als Pfarrer zu Mengersdorf berufen, dann ao. 1671 als Pfarrer nach Emtmannsberg ... wo er allenthalten sich beliebt machte und nach 14 Jahren, nämlich 1684 Diaconus und endlich von 1691 bis 1700 Pfarrer in seinem Geburtsorte wurde. Beim Antritte der Pfarr Mengersdorf den 22. 7br. 1668 heiratete er Elisabeth, die jüngste Tochter seines Taufpathen, des Bürgermeisters Neuper, welche ihm folgende Kinder gebar: 1. Anna Katharina, wurde in der Folge die Gattin des Diaconi J. H. Rößlers. 2. Barbara, heiratete nachmals den Pfarrer Christoph Heinrich Fröhlich. 3. Anna Maria, Anna Katharinas Zwillingsschwester, wurde dem Kaplan Hofmann zu Selb verehelicht. 4. Johann Wilhelm legte sich auf die Schreiberei und starb 1694 im Dienste der Republik Venedig, für welche der damalige Markgraf Miliz warb, an der Ruhr im 19. Jahre seines Alters unweit der Insel Tenedos. Clarner ging am 2. Octbr. 1700, da er 58 Jahre, 25 Wochen, 4 Tag alt war, in die Ewigkeit über. ... Sein und seiner Gattin Leichenstein liegen nebeneinander unter dem Taufengel an den Weiberstühlen. Man trifft beide, wenn man aus der Sacristey auf die Kanzel geht mit folgenden Um- und Aufschriften: Der Hochehrwürdig vnd besonders vielgelahrte H. Johann Wilhelm Clarner treu verdienter Pastor allhier in Kirchenlamitz ist gebohren den 7ten Aprilis 1642 vnd seelig verschieden den 2ten Octobr. 1700 seines Alters 58 Jahre, 25 Wochen. Leichtest Gen. 48. 21 ... Der Ihrige ist dieses Inhalts: ... Edle Hoch Ehr- und Tugendreiche Fr. Elisab. geb. Neuperin S. Hochwohl Ehrwürdigen H. Johann Wilhelm Clarners allhier hinterlassene Wittib war geboren Ao. 1646 d. 21. April, starb seelig Ao. 1705 Dom. Exaudi den 24. Mai ..."

   

[9]

Grabstein für Bürgermeister Johann Frosch. Die Inschrift ist von reliefierten Fruchtgehängen und Draperien mit Lambrequins umrahmt. Kalkstein, H. 1,80 m, Br. 0,85 m. Laut Inschrift ist Frosch am 08.01.1669 geboren, heiratete am 12.03.1705, hatte einen Sohn und zwei Töchter und starb am 28.04.1744. [Röttger S. 145, Nr. 4] In der Kirchenlamitzer Sterbematrikel (1744, Nr. 16) heißt es: "Herr Johann Frosch, 25jähriger Bürgermeister hieselbst, wie auch Schwartz- und Schönfärber, wurde den 30. April mit einer Predigt begraben. Aet. 75 Jahr, 4 Monath weniger 10 Tag." [Bergmann, S.88, Nr.9]

   

[10]

Grabstein für Johann Wilhelm Clarner, kaiserlicher Posthalter in Münchberg, * 17.06.1719 in Kirchenlamitz, verehelicht am 04.11.1746 mit einer Posthalterstochter Cordula Maria Meyer aus Münchberg, + 13.05.1759. Aus der Ehe sind 3 Söhne und 5 Töchter hervorgegangen, von denen 1 Sohn und 1 Tochter vor dem Vater starben. Inschrift zwischen Blätter- und Früchteranken, darüber das von zwei Putten gehaltene gekrönte Reichswappen mit dem kaiserlichen Doppeladler. Der untere Teil der Platte fehlt. Jetzige Höhe 1,68 m, Br. 0,89 m. [Röttger 146, 8; Bergmann, S.89, Nr.10]

Laut Scherber (§. 215) waren der Postadjunkt Wilhelm Clarner und dessen Gemahlin Cordula Maria Meyer die Eltern des 1756 geborenen Regierungssekretärs Johann Heinrich Clarner. Dessen Grabstein befindet sich laut Röttger an der Gottesackerkirche in Münchberg.

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Literatur:

Werner Bergmann: "Zum unvergesslichen Andenken" - Die Epitaphien der Evang.-Luth. Kirchengemeinde von Kirchenlamitz, in: Die Krebsbacker - Eine Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchenlamitz, Heft 14, Kirchenlamitz 2004, S. 75 - 93

Bernhard Hermann Röttger: Die Kunstdenkmäler von Bayern, Regierungsbezirk Oberfranken, Bd. I. Landkreis Wunsiedel und Stadtkreis Marktredwitz, München 1954.

Johann Heinrich Scherber: Denkwürdigkeiten von Kirchenlamitz, Handschrift aus dem Stadtarchiv Wunsiedel in Bearbeitung von Herbert Biedermann, Niederlamitz. (Unveröffentlichtes Typoskript)

Matthias Simon: Bayreuthisches Pfarrerbuch, München 1930