Briefe aus Schlesien

Noch zu ihren Lebzeiten hat mir meine Großmutter Frieda Geppert, geb. Glemnitz (* 21. Juli 1905 in Ohlau, Schlesien † 27. März 1994 in Marktleuthen, Bayern) ein Bündel mit Briefen ihrer Mutter Emma Glemnitz, geb. Horn (* 14. September 1882 in Ohlau † 24. November 1960 in Altena, Nordrhein-Westfalen) gegeben. Ich habe die Briefe sorgfältig aufbewahrt, aber lange Zeit nicht näher betrachtet.
Anfang Oktober des vergangenen Jahres bin ich zusammen mit meiner Mutter Bärbel Stark, geb. Geppert (* 24. März 1939 in Dammelwitz, Kreis Ohlau) zum ersten Mal in deren schlesische Heimat gefahren. Sie war bereits vor einigen Jahren mit einer Reisegesellschaft von Breslau aus in Dammelwitz gewesen und seitdem ist sie mir in den Ohren gelegen, dass ich mit ihr doch auch einmal nach Schlesien fahren solle. Lange habe ich mich bitten lassen, denn ich kenne mich: Wenn ich einmal "Blut geleckt" habe, pflege ich in neue Interessensphären besonders tief einzusteigen. Die gemeinsame Expedition in die Vergangenheit der Familie hat dann tatsächlich einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Ich stand auch vor dem Haus in der Ohlauer Ufergasse, in dem einst meine Urgroßmutter Emma Glemnitz lebte. Da erinnerte ich mich an das Bündel mit Briefen, das ich von meiner Großmutter bekommen hatte. Wieder daheim, machte ich mich ans Abschreiben der verblaßten, teilweise mit Bleistift, sonst aber mit dem Füllfederhalter mit schwarzer oder blauer Tinte auf vergilbendes Papier geschriebenen Briefe. Und ich konnte nicht mehr aufhören! So bewegt war ich von den schlimmen Erlebnissen und dem trotzdem stets im Herzen und auf den Lippen getragenen Gottvertrauen meiner Urgroßmutter. Sie sind keine "leichte Kost", diese Briefe. Und ich – 1966 geboren und glücklicherweise nicht der "Erlebnisgeneration" angehörend – kann nun meinen Onkel Fritz Glemnitz (* 17. September 1922 in Ohlau † 17. April 2004 in Marktleuthen) verstehen, der dies alles gemeinsam mit seiner Mutter erleiden musste, wie ein Sklave arbeitete und auch noch mißhandelt wurde, und auf die "Pullacken", wie er immer zu sagen pflegte, nicht gut zu sprechen war. Dennoch konnte Urgroßmutter noch versöhnliche Worte finden, wenn sie beispielsweise von "ihren" Polen schrieb, die selbst aus ihrer Heimat in der Bukowina vertrieben worden waren, nun in ihrem Haus lebten und sie vor willkürlichen Übergriffen bei Hausdurchsuchungen beschützten.
Ich traf bei meinem Besuch im Schlesien der Gegenwart meist freundliche und aufgeschlossene Menschen. Auch die meisten von Ihnen gehörten nicht mehr der "Erlebnisgeneration" an und das herrliche Land, in dem ihre Väter und Großväter nach der Vertreibung der Deutschen angesiedelt wurden, ist ihnen zur Heimat geworden. Es ist ein neues Schlesien mit neuen Wurzeln. Doch sollte die Erinnerung an das alte Schlesien und die Schicksale, welche die deutsche Bevölkerung dort durch die Schuld des Nazi-Terrors zu erleiden hatten, nie verlöschen und mahnend in die Zukunft getragen werden. Mögen die Briefe meiner Urgroßmutter, die ich nun zu Wort kommen lasse, einen bescheidenen Beitrag dazu leisten.

Kulmbach, den 3. Januar 2010

Harald Stark


Emma Glemnitz, geb. Horn (1882 - 1960), die Schreiberin der Briefe

Emma Glemnitz an ihre Tochter Frieda Geppert und die Enkelkinder Karl, Ingrid und Bärbel in Leuthenforst bei Marktleuthen (Bayern, Oberfranken):


ohne Datum

Meine lieben Kinder!
Euer lieber Brief ist heut angekommen, diese Freude, jetzt wissen wir doch, wo ihr alle seid. Ich war den Tag so verzweifelt, ich musste raus aus unserm Haus, wohne jetzt drüben überm Pferdestall, auch kam Martha 1 aus Gaulau2 mit Ernst, brachte ein Brot + 2 Fl. Sirup, grade wo es nicht mehr gehen wollte, sie sagte wir wohnen hier auch gut. Sonst sind wir gesund, Fritz 3 muß tüchtig arbeiten u. ich auch. Gehungert haben wir noch nicht, Mehlsuppe + Kartoffeln, die Hauptnahrung, es gibt alles zu kaufen, niemand hat Geld, das ist schlimm. L[iebe] Kinder, ich möchte Euch was Geld schicken, aber wie? Marta gehts auch nicht gut, möchte gern fort, ich sage aber, sie soll nur bleiben u. abwarten. Bei uns ist angebaut, wie es in Dammelwitz 4 ist, weiß ich nicht, ich kanns nicht erlaufen. Dank Gott, daß ihr dort seid. Was ich um Euch schon für Sorge hatte, auch um Marianne und Alfred. Nun dank ich dem l[ieben] Gott, daß er uns doch nicht verlassen hat. Gerhard wird sich auch noch melden, nur hoffen u. beten, es geht allen Menschen nicht gut, aber es muß sich doch einmal klären, wie unsere Heimat wird, ob deutsch — polnisch. Es sterben viel bei uns, der Stefan ist auf einer Miene auf seinem Felde zerrissen worden, seine Frau ist auch tot. Sehr viele von unserm Viertel sind nicht mehr, gehn seelisch + vor Hunger zu Grunde. Vorläufig kann ich noch meine Ziege für uns melken, aber wenns nur so bliebe, die Milch erhält einen, man möchte mit 64 Jahren noch so stark sein, wie in jungen Jahren.
Meine lieben Kinder, folgt nur Eurer Mutter, du l[iebes] Karlchen lerne was, daß ist gut, Stellmacher 5 möchte ich dir auch raten, auch Bäcker ist gut, und ihr beiden lieben Mädel lernt nur auch, alles was nur möglich ist. Hier giebts keine Schule für die deutschen Kinder; verwildern ganz. Was hat dieser eine Mann 6 angerichtet auf der Welt.
Ich könnte Euch so viel schreiben, aber mündlich ist's besser, so es Gott will, und wir uns alle wiedersehen. Wir hoffen bestimmt noch dieses Jahr, wenn wir auch arm geworden sind, wenn wir gesund bleiben, kommen wir wieder hoch, wir Deutschen sind ja Arbeitsmenschen von Jugend auf. Was ich mich freue, daß ich Euch alle weiß, seid nur weiter stark und bleibt nur alle gesund, damit wir uns noch einmal wiedersehen, und vergeßt unsern Herrgott nicht.
Von Mariandel 7 hab ich noch keine Zeile, seid sie weg ist von uns, von Alfred auch nicht. Marta läßt alle schön grüßen.

Nun nochmals viele herzl. Grüße von mir und Fritz.

Eben ist Frau Teichmann da, sie läßt Euch auch grüßen. Pfeilers lassen auch grüßen.

Emma Glemnitz an ihre Tochter Marianne, damals zusammen mit ihrem Verlobten Paul Pfeiler bei der "Erfurter Tante", Elfriede (Frieda) Lange, Gutenbergstraße 57 in Erfurt:

Ohlau, den 17.9.1945

Meine Lieben Alle!
Endlich heute eine Nachricht von Euch, Paul war doch bei Magdeburg, bei Schwalbachs, und heut war Walter bei uns und erzählte uns, daß du, liebes Mariandel u. mein lieber Alfred 8 , bei Tante seid, ich bin um einen Stein leichter um mein Herz. Es war manchmal zum irre werden, erst hat man mit den Russen allerhand erlebt und jetzt mit den andern, aber ich bitte immer den l. Gott um Beistand und er hilft immer wieder. Wir haben alles mit Polen besetzt, Vater, Mutter, drei Töchter u. ein Enkel, ein 2 jähriger Junge, ich komm mit allen gut aus, sie verteidigen mich, wenn die poln. Polizei Haussuchung macht, ich muß aber die Kartoffeln u. Körner teilen, aber das macht nichts, wir werden nicht hungern brauchen, da könnt ihr alle auch noch herkommen. Kartoffeln habe ich 1 1/2 Morgen angebaut. Gestohlen wird auch sehr viel, aber jetzt geht der Polenvater aufpassen.
Meine lieben, unser Vater 9 ist am 9. Juni gestorben, am 11. haben wir ihn in Klein Tiergarten 10 beerdigt, es ging nicht über die Oderbrücke, er liegt beim Feder Alfred zu Füssen und neben der Richter Gretel, die musste auch sterben, die kranken Menschen können sich nichts antun, schrecklich viel sterben.
Wir sind von Friedland bis zu Hause nur 5 Tage gefahren, waren Pfingst-Mitwoch in Dammelwitz über Nacht und die Feiertage zu Hause. Unterwegs haben wir auch genug erlebt, mit den Juden und Russen, aber weil keine jungen Mädel dabei waren, ließen sie uns immer wieder weiter fahren. Als wir an unserer Kaserne 11 waren, hab ich schon unser Dach gesehen, Gott sei Dank, sagte ich mir, wie's zuhause aussah, kann man schlecht schildern. Jetzt habe ich mit Fritz die Küche und Schlafstube, das andere ist alles bewohnt. Sehr saubere Menschen, habens schön eingerichtet, wohnten zuerst in Weidmannsruh im Walde, Fritz hat mit Eva 12 von dort 3 Fuder Möbel geholt, vielleicht erben wir noch was, wenn sie mal fort machen.
Ich verzichte gerne, denn die Flüchtlinge, die jetzt kommen, stehn vor einem Nichts, wenn wir nur das behalten könnten, was wir noch haben. Die Menschen bekommen hier keine Zuteilung, es sind viele Ähren schneiden gegangen und Rapsklopfen, da kriegen sie beim Hutsch Georg Öl ausgetauscht. Ich war mit der Pfeilern und Henne mit dem Handwagen in Gaulau, da haben wir uns Raps mitgebracht, da haben wir Öl. Pfeilers sind nicht geflüchtet, die haben sich eingeschafft. Am vorigen Sonnabend war Maria u. W. mit den Pferden hier zur Musterung, haben ihnen die letzten beiden weggenommen, unsere Eva ist auch gemustert.
Es ist nur noch ein Angstleben, in der Nacht bin ich dauernd am Fenster, dem Pusch haben sie die Kuh und das Pferd gestohlen, dem Franke beide Pferde, auch überhaupt allen. Wir fahren vor die Stalltür den schweren 4 % Wagen in der Nacht. Unsere Polen haben eine Kuh, da krieg ich manchmal Milch, aber ich habe eine Ziege. Ich und Fritz hatten sie uns schon im Juni von den Russen gestohlen, Richters haben auch eine. Der alte Schwietal wohnt bei mir, er hat 2 Ziegen, die melke ich. Dem sein Haus u. Starks Haus sind abgebrannt, Schmidt u. Amlang auch, Gerbers auch, sonst steht alles. Es fehlen ja noch so sehr viel Flüchtlinge, Frieda ist auch noch nicht da, alles sitzt mit Polen voll. Fritz muß für die viel Fuhren machen, einem hat er die Wiese gehauen, der war anständig, gab ihm 200 Zloti, heut ist er für den Hoffmann Polen in Weisdorf 13 nach Weizen (unendlich viel Getreide muß verfaulen); Hoffmanns sind auch nicht da.
Ich habe Schnittbohnen ein ganzes Säckel getrocknet, ich habe in den Kartoffeln eine Furche angebaut und im Garten. Heute gabs Möhrchen, auch von meinen. Tomaten, Gurken und Birnen hab ich auch, nur müssen sie immer klein weg, sonst krieg ich keine. Gestern hatte ich Besuch, weißt du Marianchen, die Frau aus dem Sterz 14 , der wir immer Kartoffeln und Milch gaben. Ist jetzt unsere Landrätin, kommt öfter mal, ich war auch schon paar mal dort, wohnt am Bahnhof in der Münzenberg Villa. Einmal gab sie mir Fleisch und einmal Brot und Kaffee mit Gebäck, sie sagt immer, du komm in mein Haus (kann nicht deutsch), auch er ist nett, sie fragt jedes mal nach dir. Nächste Woche geh ich hin, es heißt doch, sie müssen fort. Den Menschen geht es genau so, wie es uns ging.
Nun meine Lieben wißt ihr, Eure Heimat besteht noch, Frieda wird wohl müssen zu uns kommen, die hat sicher nichts mehr, vor 3 Wochen war in Schönfeld 15 noch kein Pole drauf. Friedel 16 ist noch nicht da, bei Fliege Ernst sitzt einer drauf, die sind auch noch nicht da. Kl. Tiergarten alles voll, niemand da. Bei uns ist seit gestern die poln. Fahne eingezogen, wie es wird weiß man noch nicht. Bei Frieda 17 steht alles, aber im Dorf nicht mehr viel. Kleinpeiskerau 18 weggebrannt, schrecklich viel Leid hat man unterwegs gesehen. In Ohlau alles Hotels und Gasthäuser weg, auf dem Ring steht nur das Rathaus. Ich geh nicht gern in die Stadt. Unsere Kirche steht, die haben die Polen beschlagnahmt, gehe in die altlutherische. Sonntags läuten alle Glocken. Also ich danke Gott, daß ich wenigsten von jemand was weiß und bitte immer, daß Er uns noch ein einziges Mal zusammen kommen läßt. Am Samstag war dich der Nädlitzer 19 Glemnitz Fritz da, den hab ich nicht erkannt, wie ein Verbrecher sah er aus, Hosen mit breiten roten Streifen, ein Mondgesicht und Läuse hatte er, mußte sich gleich baden. Ich hab die Lumpen weg geschmissen und verhungert war er, er kam aus Blechhammer 20 aus dem Lager, er hat furchtbares durchgemacht, ein Arm war grün und blau geschlagen, er wollte wiederkommen, wenn er kein Unterkommen findet.
Meine Lieben, wenn das so bleibt, wie es jetzt ist, kann mans ertragen, an der Brücke stehen jetzt poln. Posten, da hats manchmal freche dabei. Mir kamen sie die Weintrauben abfressen, die Tauben haben sie weggeschossen bis auf 2 Stk., da waren noch 8 Stk. 2 Kaninchen haben wir auch von Russen geerbt, wir fangen eben klein wieder an. Die Felder sehen ja furchtbar aus, Panzergleise und Erdlöcher, jetzt machen sie auf den Dämmen die Bunker zu, Fritz muß Boden wegfahren, auf unserm Platz sind auch welche, da waren 12 russische Flackmädel in unserem Hause, die mußten Tag und Nacht Wache stehen, die brachten uns auch Brot, weil sie sahen, daß unseres verschimmelt war, und ein Russe war von Fritz der Kamerad, der sagte, du Fritz, mein Kamerad bist, der brachte mal eine halbe Dauerwurst und einen Kaffeewärmer, für Fritz eine Mütz sagte er. Viele Male hatte ich Einquartierung, einmal 12 Menschen mit 90 Schafen, 6 Männer, 6 Mädel, in meinem Ofen gekocht, ein Mittelasier als Koch, da haben wir mitgegessen, fettes Essen, da hatte ich Taly, russischen Thee + Zucker, ich habe immer zu ihm gesagt, er macht zagzerag, ich muß immer aufpassen, er sagte immer, in Mittelasien wird nicht zagzerag gemacht. Also wenn ihr den Brief kriegt wird wohl schon allerhand passiert sein. Bleibt alle gesund und wenn ihr mal kommt, bringt Tante mit.

Viele herzliche Grüße an alle von Mutter.


Ohlau, Ufergasse 4, der Schauplatz der meisten von Emma Glemnitz geschilderten Vorkommnisse

Im Fenster: Carl Gustav Glemnitz und seine Ehefrau Emilie. Vor dem Haus: Karl Gustav und Emma Glemnitz mit ihren Kindern.

Als wir kamen, konnten wir noch über die Oderbrücke (eine Holzbrücke von den Russen gebaut), kurz darauf brachen sie ein Teil ab für die Schiffahrt. Das neu bauen dauerte 6 Wochen. Die Deutschen haben unsere schöne Brücke gesprengt, war gar nicht nötig, die Russen gingen alle übers Eis. Jetzt haben sie die Holzbrücke zum 3. Mal gebaut, ein Dampfer mit Schleppkähnen hat sie weggerissen, aber das gab ein Knall u. Schießerei, die Schiffer sind ausgerissen mit dem Dampfer, mußten aber stehen bleiben, die poln. Brückenwache hat sie beschossen. Ach was ist über die Brücke alles gekommen, 4 Armeeköre, Millionen von Zivilrussen, sogar mit Kapelle, Millionen Vieh und Pferde und Autos mit Maschinen und Lebensmitteln + Möbeln, man kann nicht alles schreiben, alles mal mündlich, Tag und Nacht, an Schlafen war gar nicht zu denken, ich hab immer gebetet, lieber Gott laß sie hier nicht halt machen, aber manchmal doch - ein Angstleben. Aber meine Polen und auch aus der Nachbarschaft sind anständig, sind aus Cernowitz (Bukowina), heut sollte Fritz 12 Tage wegfahren, die haben mir geholfen, daß er nicht brauchte, ich hab gesagt, das Fohlen saugt noch. Alle Tage was anderes aufregendes. Es kommen hier schon Trecks durch, wahrscheinlich zurück. Heute Nacht wurde das erste Mal nicht mehr geschossen. Ich bin froh, daß ich die Polen habe, sonst könnte man sich nicht erwehren. Jetzt müssen alle arbeiten gehen, die Jung, Rausch, die Fr. Schönfelder u. eben die besseren Straße kehren u. eben die früheren faulen Badegäste, denen schadets nichts. Nun sind nochmals alle vielmals herzlichst gegrüßt von uns beiden, auch Pfeilers lassen grüssen, gegenwärtig ist alles gesund.

 

Emma Glemnitz an ihre Tochter Frieda Geppert und die Enkelkinder Karl, Ingrid und Bärbel in Leuthenforst bei Marktleuthen (Bayern, Oberfranken):


Ohlau, den 4. 11. 1945

Meine lieben Kinder!
Endlich eine Nachricht von Euch, dankt unserm treuen Gott dafür, ich bitte ihn unendlich, tut ihr es nur auch, daß er uns weiter beschützen möchte, auch Euer Vater wird einst wiederkommen.
Also meine Lieben, wir sind die Pfingstwoche zurück gekommen. Mittwochs waren wir in Dammelwitz übernachtet, haben mit Fritz noch tüchtig Dreck aus den Stuben geschafft, Schränke und Bettstellen auch in der Küche war noch alles. Donnerstags kamen wir in Ohlau an, auf der Oderstraße sah ich schon unser liebes Haus stehen. Gott sei Dank, sagte ich mir, im Hause wohnten 12 russische Flakmädel, vorm Hause hatten sie die Bunker, mußten auch Wache stehen, sie waren sehr anständig, auch hübsche Mädel dabei, sie sahen, daß wir verschimmeltes Brot hatten, da brachten sie uns ein frisches Kommisbrot, ein Russe war Fritz sein Kamerad, der brachte mal eine halbe Dauerwurst. So lange die da waren, fühlten wir uns ganz sicher, aber dann hatten wir viel durchzumachen, über unsere Oderbrücke (Holzbrücke, die alte ist nur noch halb) zogen 4 Armeen drüber, Millionen von Zivilrussen und Pferden und Viehherden, Autos, na alles mal mündlich, man wird sonst nicht fertig.
Die Rückreise dauerte von Friedland 21 bis Ohlau nur 5 Tage, Vater, Fritz u. ich allein. Paul22 hatte sich am 9. April Marianne nach Immenstadt am Bodensee geholt, er wollte sie nicht den Russen preisgeben, es war auch gut, denn die kamen mitten in der Nacht zu uns rauf und vor 3 Wochen kam der Schwalbach Walter her von Magdeburg aus, mal sehen was hier los ist u. sagte, der Paul war bei Schwalbachs (die sind dort bei Magdeburg), er ist mit Marianne in Erfurt bei Tante, auch Alfred ist dort, aber er arbeitet bei einem Bauer bei Erfurt, von Friedel 23 wissen wir nichts.
Ja Vater war in Friedland sehr krank, im Mai kamen wir heim und am 9. Juni ist er gestorben, am 11. haben wir ihn in Klein Tiergarten beerdigt, er liegt beim Feder Alfred zu Füßen u. neben der Richter Gretel, die mußte auch sterben, denn so ein Angstleben hält nicht jeder aus. Die Oderbrücke war kaput u. da gings nicht drüber, aber dort ruhn sie ebenso.
Die Gaulauer sind auch seit Mai da, haben aber nichts, kein Pferd, keine Kuh, ein Pole sitzt mit drauf, haben ganz wenig gesät, 16 M.24 Kartoffeln, 1 Morgen Zuckerrüben, ja wie Kartoffeln raus machen? Weizen und Roggen sind meist von Russen eingeerntet u. gedroschen worden, daß was noch da ist, dreschen die Polen, bei mir sind auch welche, ich muß auch teilen, 2 Kühe haben die, aber sie teilen nichts. Ich habe eine Ziege, hatte den Sommer schön Milch, der alte Schwital wohnt in Werners Stube, der hat 2 Ziegen, die melke ich, da gehts schon, ich hatte auch im Garten Morrüben, Schnittbohnen u. Burree 25 , Kartoffeln 1 1/2 Morgen, auch Weizen u. Roggen, u. Wintergerste, alles noch zum dreschen. Zu essen haben wir, ich rechne immer, daß ihr mal kommt, ein Säckel Schnittbohnen, Erbsen von Euch u. Bohnen habe ich auch, aber wenn es noch nicht geht, da bleibt nur noch, ich schicke dir 200 M 26 Geld mit, da kauft euch was, hier gelten nur Slotis.
Ich bewohne nur unsere Küche + Schlafstube, alles andere die Polen, aber wir hätten alle Platz. Paul wollte nach Hamburg wegen Schiffahrt u. dann Marianne holen, der wird schon sorgen.
Ja bei Marta kamen vorigen Monat in der Nacht Banditen, alle raus aus den Betten und in eine Stube, u. dann haben sie alles ausgeraubt, weg waren sie mit dem Lastauto.
Deine Schränke + Bettstellen u. verschiedenes andere hat Fritz zu uns geholt 27 , wenn es uns die Polen nicht wegnehmen. Was haben mich die gequält, jede Woche Haussuchung gemacht und immer mit erschießen gedroht, deutsche Bestie. Ach es war schrecklich, aber da ich unsere Polen drin habe, ist keiner mehr gekommen, die Polenfrau hilft mir, ich vertrage mich gut mit ihr, es ist noch ein Vater und 3 Töchter, eine verheiratet mit einem Kind von 2 Jahren, da ist der Mann jetzt auf Urlaub. Die sind auch übel dran, sind auch aus ihrer Heimat vertrieben worden. Für immer bleiben die doch nicht hier, viele sagen, sie wollen in die Heimat zurück, sie holen den Deutschen jetzt noch das letzte raus, das Volk ist ja auch sehr arm, aber von arbeiten, wie die Deutschen, wollen sie nicht viel wissen. Unsere sollten sich ihre Kartoffeln mit lesen, kamen nicht, haben sich alle stehlen lassen. Fritz ist in Gaulau mit dem Handwagen, Marta hatte Raps mit geschickt, da ist er mit dem Öl dort. Von 10 Pfund gibts 1 Ltr. Öl. Ich schicke dir eine Bierflasche Öl mit.
Liebe Kinder, haltet nur noch aus, hier heißt es, die Polen werden abziehen, müssen erst 40 % anbauen, ich habe 6 Morgen Weizen gesät + 4 Morgen Roggen, Fritz mit der Hand. Steht alles gut, nur Mäuse gibt es viel. Denkt nur, der Glemnitz Fritz war da, mit seiner Rosine, eine Fleischerfrau, hatten in Öls eine große Fleischerei. Alles abgebrannt. Die Frau hat in Beiern 28 drei Mädel im April durch Fliegerangriff verloren, eine 16, eine 12 u. 8 Jahre, die ging schwarz über die Grenze nach Sachsen, bei Zwickau hat sie Fritzes Frau + Eltern getroffen u. kam sie schwarz wieder bis nach hier, und brachte Fritz Nachricht, blieb über Nacht u. ging dann nach Güntersdorf 29 zu ihrer Mutter, die hat noch ein 6jähriges Mädel von ihr, wegen dem ist die so gewandert, in Angst noch um das letzte Kind. Sie sagte immer, wenn ich wenigstens die Kinder hätte, die ist ganz arm, nur was sie an hat.
Vorläufig hat uns der treue Gott noch verlassen, aber er findet uns wieder. Betet nur, vergeßt es nicht, bittet ihn und dankt ihm für seine Treue. Den Stab haben die Russen erschossen, Sie lag in der Scheune, er beim Kaiser im Graben. Den Bernock Otto haben sie vorige Woche erschlagen, er wollte seiner Frau zu Hilfe gehen, den Purman in Baumgarten 30 auch, dem hatten sie eine Kuh gestohlen. Marta läßt auch immer fragen, ob wir unser Vieh noch haben. Wegen dem Vieh laß ich mich nicht totschlagen. Es gibt sehr anständige Polen, genau wie bei allen Völkern, es nützt eben nichts, wir sind doch die Besiegten u. dieser Lump hat doch gesagt, es wird nur noch überlebende geben. Der hat gewußt wie's kommen wird. Na, es ist nichts mehr zu ändern, seht zu, daß ihr gesund bleibt, es wird alles wieder gehen. Deine guten Schuhe habe ich hier, auch für die Kinder manches, wenn es mir noch bleibt. In Baumgarten sind auch noch alle weg, in Goy, überall. Am Montag geh ich mit der Pfeilern nach Dammelwitz mit dem Briefe, mir graut vor dem weiten Weg zu Fuß. Wenn Gott will und vielleicht kommts mal schnell, und ihr könnt in die Heimat zurück, kommts uns gleich sagen, ach die armen Flüchtlinge hier, haben in den Stuben kein Stk. mehr, aber alles können doch die Polen auch nicht mitnehmen. Ich denke, so schwarz muß man es sich auch nicht ausdenken, es kommt immer anders wie man denkt. Über die Oderbrücke muß man einen Ausweis haben, auch eine weiße Binde auf dem l. Ärmel, es gibt sehr anständige Posten, die sagen nichts, aber auch rabiate. Nun meine Lieben alle, daß war nur etwas, ein Buch könnte man machen, aber ich hatte viel mit Russeneinquartierung zu tun, daß erzähle ich Euch, wenn ihr kommt. Seid alle vielmals herzlich gegrüßt von Eurer Mutter. Haltet aus u. betet zum treuen Gott.


Die im Krieg zerstörte alte Oderbrücke in Ohlau

Fragment eines Briefs von Emma Glemnitz aus Ohlau:

ohne Datum, wohl Frühjahr 1946

... versteht nichts, rührt keine Hand an, wir haben schönes Korn, 2 M. Hafer, bei Gerbers schöne Kartoffeln, 1 M. Gerste und Weizen angebaut, alles hat Fritz der Sklave, mit der Hand schön gesät. Der hats nicht gut, aus unserm Hause mußten wir raus, wohnen drüben oben im Hause. Meine Lieben ihr könnt doch mit Ruhe schlafen gehn, aber wir nicht, man ist schon ganz nervös. Ich und Fritz machen sofort weg, wenn es soweit kommen sollte. Die Eva und das junge Pferd und der Ochse leben noch, es gehört uns aber nichts mehr, sind bettelarm, wenn uns nur der liebe Gott Gesundheit schenkt, wer krank wird stirbt.
Der Berger ist auch da, sein Haus ist noch ganz, aber wo er wohnt, weiß ich nicht, es wohnt keiner in dem Seinigen, hat auch keiner was, nur Altes und Lumpen, man kennt die Menschen bald nicht mehr wieder. Ohlau ist viel abgebrannt, der Ring ringsum, nur das Rathaus ist ganz, der Schloßplatz, nur Kirchen u. Gymnasium stehen, alles andere weggebrannt, eine Holzoderbrücke, jetzt steht keine Wache mehr da. Alles ist einem fremd, die Deutschen verkriechen sich wie die Mäuse, Sonntags, nur wochentags müssen sie arbeiten. Bleibt Ihr meine Lieben gesund und Gott befohlen und seit herzlich vielmals gegrüßt von Mamma und Fritz.


Emma Glemnitz an ihre Schwester Elfriede (Frieda) Lange, die "Erfurter Tante", Gutenbergstraße 57 in Erfurt:


Ohlau, den 1.5.1946

Liebe Schwester!

Da hier schon viele Post erhalten haben, will ich mal an dich schreiben, vielleicht habe ich Glück. Wie geht es dir noch? Ist Mariandel oder Alfred in deiner Nähe? Vater ist doch am 2. Juni voriges Jahr gestorben, liegt in Kl. Tiergarten beerdigt, er hatte nur noch 3 Wochen nach der Flucht gelebt. Ich und Fritz arbeiten bei unseren Polen. Gehungert haben wir noch nicht, wir beide haben aich die Kartoffeln allein gelegt, 35 Körbel ich allein, aber der l. Gott hat uns bis jetzt geholfen, daß wir stark sind. Die Eva, das Fohlen, und den Ochsen sind noch da, müssen tüchtig im Acker arbeiten. Die Ziegen haben sie mir noch nicht weggenommen, die Milch erhält uns noch. Fritz ging bis jetzt jeden Monat mal nach Gaulau, Marta schickt immer was mit, 2 x war er mit dem Handwagen nach Kartoffeln. Ach, das vergangene Jahr war ein Schreckensjahr, das man noch Nerven hat, ist viel. Wenn uns der Herrgott noch das Leben schenkt und wir uns wiedersehen, dann alles mündlich. Frieda ist in Oberfranken, soll nun froh sein, daß sie noch nicht hier ist. Hier sind schon viele tot. Frau Stefan auch, und Ihn hat eine Miene zerissen beim Acker abbrennen. Viele sterben vor Hunger, die Menschen schleichen nur noch so vor Schwäche, ich danke Gott, daß er uns noch nicht verlassen hat, ich darf nie nachdenken, sonst ist's aus. Die Post geht jetzt, ist ein Lichtblick Unser schönes Ohlau ist viel zerstört, der Ring auch, nur das Rathaus ist ganz, der Schloßplatz auch kaputt mit der Schule. Gymnasium und Kirchen stehen. Straßen sind sauber, Schiffahrt geht auch, aber wenig. Unsere alte schöne Adlerbrücke wird auch gebaut, arbeiten schon dran, 3 Jahre soll's dauern, bis sie fertig ist. Wir sind doch nur ganz wenig Deutsche da von unserem Viertel. Wir hoffen, daß alle bald kommen. Frau Fiebig ist mit Hanne in Hamburg. Heute am 1. Mai haben wir eine Musik im Haus (To huwa bohu). Mein Besitzer ist ein Musiker, da kannst du dir denken? Da wird geübt das Ganze. Sonst gehts zum Aushalten, nur manchmal wird's schlimm.
Im Januar wollt's gar nicht mehr gehn, wenn der Abend kam, zitterten wir schon, dauernd das Plündern und Haussuchen. In Gaulau waren alle krank, Marta hat unterm Arm eine Linchdrüse 31 , alle Halskrank. Karl ist in Wansen konfirmiert worden, mußte allein gehen, Fritz hatte den kleinen 32 nach Wansen mit dem Handwagen zum Arzt gefahren, mußte ihm eine Spritze geben für den Hals, sonst wäre er erstickt. Überall Elend noch und noch, raus und runter jagen von den seinigen, wir Armen sind doch nicht schuld, die Schuldigen kommen nicht zu Hause. Meine liebe Schwester schreibe bald einmal. Der Brief kostet 6 Zlotti, ich stecks mit rein.
Viele viele herzliche Grüße von uns beiden an Euch. Von den Schönfeldern weiß ich nichts.

 

Emma Glemnitz an ihre Tochter Frieda Geppert und die Enkelkinder Karl, Ingrid und Bärbel in Leuthenforst bei Marktleuthen (Bayern, Oberfranken):

Budberg 33 , den 30.06.46

Meine lieben Kinder!
Ich und Fritz sind jetzt in unserer neuen Heimat angelangt. Wir sind von zu hause über 8 Tage gefahren, Tag + Nacht im Waggon geschlafen, erst die letzten Tage kamen wir in Lager, in Siegen lagen wir eine Nacht in der Kaserne, hatten dort gute Verpflegung, in Soest im Lager, in Werl im Lager 2 Tage, dann kamen wir in ein Gasthaus, 20 Menschen 3 Tage, dort ging ich aufs Arbeitsamt und bekam eine Stelle bei einem Bauer, Fritz macht Knecht, die Frau ist sehr tüchtig und sehr gut und hat gestern gebratene Leber mit Gemüse, heut wieder Fleisch, Kartoffeln, Soße, Salat u. nachher Erdbeeren, also viel, auch Vesper, heute sogen. Hörnchen gefüllte, weil Sonntag. Gestern war Peter + Paul, fromme Menschen, doch gute. Ich muß immer Beeren pflücken, fünf Kinder, aber sehr fein, extra ein Kindermädchen, 2 Lehrmädchen, wir sind 18 Personen zum Essen. Ein herrlicher Garten, Beeren allerhand und Gemüse auch, einen Schweizer haben sie auch, ein spickiger Holländer, ich versteh ihn nicht viel. Ich freu mich und danke unserm Herrgott, daß er uns hierher geführt hat, von den Banditen sind wir endlich erlöst, es war ja zum irre werden, das sind keine Menschen, wir sind ja jetzt bettelarm. Die Betten habe ich für uns mit, haben vier Stühle mit Bettstelle + Tisch. Nur die Schuhe haben sie uns weggenommen u. von Marianne sämtliche Wäsche, solche Banditen, aber allen geht es so. Ich + Fritz sollten dableiben, da haben wir uns weggeschlichen ohne Schein, nur alles in Angst eingepackt, die haben die Deutschen von den Feldern geholt, ohne was mitzunehmen, na die Ärmsten erst. Ich hatte einen richtigen Gangster, er war viel besoffen, Fritz hat mit dem Gewehrkolben gekriegt, warum weiß ich heut noch nicht. Einen Maschinengewehrgurt haben sie unters Holz gelegt und schobens auf Fritz, er hätte Waffen. Ach man kann die Greueltaten gar nicht schreiben, es graut einen. In den Nächten kamen sie alles durchsuchen + stehlen. Ich hoffe, daß wir uns doch noch einmal wiedersehen, ich arbeite hier sehr gern, denn alle sind freundlich. Flüchtlinge sind auch hier aus Landeck.

Ergänzung aus einem Brief von Marianne Glemnitz an ihre Schwester Frieda Geppert in Leuthenforst bei Marktleuthen (Bayern, Oberfranken):


Bottrop, den 4. 7. 46

...Denkt Euch, von Muttel auch Nachricht. Sie ist seit dem 16. Juni mit Fritz von Ohlau fort, in Westfalen. Ein wahres Glück, das sie gesund aus dieser Hölle entkommen sind. Sie müssen unendlich Schweres ertragen haben. Aber was jetzt, wo sollen sie hin! Sind jetzt schon im 4. Lager und im Industriegebiet da gibt es nichts als Elend. Die Kinder kommen aufs Schiff Kartoffeln betteln. ... Ich habe Muttel Bescheid gegeben, sie sollen vorläufig aufs Land, da haben sie zu essen. Sonst stecken sie Fritz in die Kohlengrube, da geht er kaputt bei der Ernährung!
Heim können wir nie mehr, Schlesien ist jetzt von den letzten verlassen, da es nicht mehr zum Aushalten war. ... So viele alte Bekannte sind den Hungertod gestorben. ...

© by Harald Stark, Kulmbach 11/2009

Erläuterungen:

1 Emma Glemnitz's Tochter Martha war mit Willi Frommberger in Gaulau verheiratet.

2 Gaulau, poln. Gulow, ca. 18 km südwestlich der Kreisstadt Ohlau.

3 Fritz Glemnitz, der jüngste Sohn Emmas, war geistig behindert und lebte bei seiner Mutter.

4 Die Adressatin Frieda Geppert, Emmas älteste Tochter, war mit Gerhard Geppert aus Pampitz (poln. Pepice , Kreis Brieg) verheiratet. Von 1937 bis zur Flucht war sie mit ihrer Familie in Dammelwitz (poln. Danielowice, ca. 15 km westlich der Kreisstadt Ohlau) ansässig gewesen.

5 Handwerker der Räder, Wagen und andere landwirtschaftliche Geräte aus Holz herstellt. Im süddeutschen Raum unter der Bezeichnung "Wagner" bekannt.

6 Gemeint ist Adolf Hitler

7 Marianne, die jüngste der drei Töchter Emmas, war mit Paul Pfeiler verlobt.

8 Emmas Sohn Alfred war bei Braunau am Inn aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden. Man hatte wohl schon befürchtet, dass sich die Familie infolge des Krieges zerstreuen würde und deshalb die "Erfurter Tante" als Kontaktadresse vereinbart. So begab sich Alfred nach Erfurt; er fand Quartier in Kühnhausen , heute ein Stadtteil von Erfurt, wo er bis Januar 1946 auf einem Bauernhof lebte und arbeitete.

9 Emmas Ehemann, Karl Gustav Glemnitz, * 23. Juli 1876 in Pühlau (poln. Bielawa, Kreis Oels). Die beiden hatten am 8. Februar 1904 in Ohlau geheiratet.

10 Ortsteil von Ohlau, nordöstlich des Stadtzentrums an der Oder gegeben. Dort gab es auch einen Friedhof. – "Wollen wir vom Bahnhof aus schnell und bequem den Oderwald, die abwechslungsreichste und schönste Umgebung Ohlaus, erreichen, dann gehen wir die Hertzberg- und Grottkauer Straße entlang bis zur Rochuskapelle. Dort biegen wir rechts in die Oderstraße ein und kommen nach etwa einer Viertelstunde Weg über die Oderbrücke auf den jenseits direkt hinter der Brücke rechts abbiegenden Oderdamm, auf dem wir unsere Wanderung fortsetzen. Bald begegnen wir der Flußbadeanstalt, dem Friedhof von Klein-Thiergarten und schon ist der Wald erreicht." (Georg Lorenz: Ohlau und Umgebung - ein Führer durch die Schönheiten der Stadt und des Kreises Ohlau, Ohlau 1935, S. 36)

11 "Im März 1742 wurde hier (in Ohlau) auf allerhöchsten Befehl des Königs das Graf Hoditzsche oder braune Husaren-Regiment von den abgegebenen Leuten verschiedener Regimenter errichtet und beritten gemacht. Bis zum Friedensschluß hatte es in der Vorstadt seinen Standort. Es ist dies das geleiche Regiment, das bis zum Ende des Weltkrieges hier lag und durch Kaiser Wilhelm II. den Namen »Schill-Husaren« erhalten hatte." (Georg Lorenz: Ohlau und Umgebung - ein Führer durch die Schönheiten der Stadt und des Kreises Ohlau, Ohlau 1935, S. 16) Die "Alte Kaserne" lag nur wenige hundert Meter vom Glemnitz'schen Haus in der Ufergasse entfernt am oberen (westlichen) Ende der Oderstraße.

12 Eva war ein Pferd.

13 Weisdorf, poln. Wyszkowice, etwa 14 km südwestlich der Kreisstadt Ohlau, jenseits der Autobahn A 4

14 Im Sterz = Ortsteil von Ohlau. Das Gemeindelexikon der Provinz Schlesien von 1887 nennt unter den zur Stadt Ohlau gehörigen Wohnplätzen König's Ziegelei im Sterz, Kronig's Ziegelei im Sterz und das Waldwärterhaus im Sterz. (S. 108/109)

15 Schönfeld, poln. Obórki, rund 10 km südlich der Kreisstadt Brieg

16 Elfriede geb. Krause, Ehefrau von Alfred Glemnitz und Schwiegertochter von Emma, hatte einen Bauernhof in Schönfeld bei Brieg.

17 Bei Frieda Geppert in Dammelwitz

18 Kleinpeiskerau, poln. Piskorzówek, rund 13 km westlich der Kreisstadt Ohlau

19 Groß- und Klein-Nädlitz, poln. Nadolice Wielkie & Nadolice Male, rund 15 km östlich der Kreisstadt Breslau und 20 km nördlich von Ohlau

20 Blechhammer, poln. Blachownia Slaska , im Kreis Cosel (poln. Kedzierzyn-Kozle)

21 Friedland, Stadt in Nordböhmen am Fuße des Isergebirges, tschech. Frýdlant v Cechách, rund 190 km westlich von Ohlau

22 Paul Pfeiler

23 Friedel, die Ehefrau von Alfred Glemitz

24 Morgen - 1 Morgen = ¼ Hektar = 2500 Quadratmeter

25 Porree - Lauch

26 Mark, Reichsmark

27 also aus Dammelwitz nach Ohlau

28 Bayern

29 Güntersdorf, poln. Czestocice, rund 15 km südlich der Kreisstadt Ohlau

30 Baumgarten = Olauer Ortsteil, westlich des Stadtzentrums

31 Lymphdrüse - wohl eine Entzündung

32 Willi, der jüngere Sohn von Willi und Martha Frommberger, Enkelsohn von Emma Glemnitz

33 Budberg ist heute ein Ortsteil der Stadt Rheinberg im Kreis Wesel, Nordrhein-Westfalen