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Unsere Vorfahren kommen aus Schlesien
Vortrag von Harald Stark - gehalten anlässlich
des Geppert-Familientreffens 2016 in Kulmbach:
Im 1. Jahrhundert nach Christus war das schlesische Becken noch
von Germanen besiedelt; im 6. Jahrhundert wanderten westslawische
Stämme in dieses Gebiet ein. Im 10. Jahrhundert gelang es dem
Premysliden Vratislav I. mährische und mittelschlesische Gebiete
in Besitz zu nehmen. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts wurden dann
große Teile Schlesiens von den polnischen Piasten erobert.
Es folgte ein über ein Jahrhundert schwelender Kampf zwischen
Böhmen und Polen um die Vorherrschaft in Schlesien, der im
sogenannten Glatzer Pfingstfrieden von 1137 zugunsten des Polenherzogs
Boleslaw (III.) „Schiefmund“ entschieden wurde.
Herzog Boleslaw hatte testamentarisch die Aufteilung Polens unter
seinen Söhnen verfügt. Dem ältesten Sohn Wladyslaw
II. sollte nicht nur Schlesien, sondern vor allem Krakau zufallen,
mit dessen Besitz nach dem Wunsch des Vaters, die Rolle als Reichs-
und Familienoberhaupt, als „Großfürst“ verknüpft
sein sollte. Dieser war mit Agnes von Babenberg, einer Tochter des
Markgrafen Leopold von Österreich und Halbschwester des Staufer-Königs
Konrads III. verheiratet. |
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Wladyslaw war als „Großfürst“ bemüht,
auch über die von seinen Brüdern regierten Länder
die Oberhoheit auszuüben. Als er dort 1145 Steuern erheben
wollte, kam es zu einem bewaffneten Aufstand, der im Jahr darauf
in seiner Vertreibung gipfelte. Wladyslaw fand Zuflucht bei König
Konrad III., dem Halbbruder seiner Gemahlin, der ihm die Burg Altenburg
als Wohnsitz zuwies. Er blieb dort bis zu seinem Tod 1159 und so
kam es, das seine beiden Söhne Boleslaw „der Lange“
und Mesko „Kreuzbein“ ihre Jugendjahre in Thüringen
verbrachten. Durch Vermittlung Kaiser Friedrich Barbarossas konnten
diese nach dem Tod des Vaters nach Polen zurückkehren und erhielten
von ihrem Onkel, dem „Großfürsten“ Boleslaw
„Kraushaar“ 1163 das Herzogtum Schlesien.
Schlesien war damals noch von ausgedehnten Wäldern uns Sumpflandschaften
geprägt. Nur siedlungsgünstige Lagen waren bereits von
slawischen Bauern in Besitz genommen worden. Die Wirtschaft des
Landes war als Naturalwirtschaft ausgeprägt. Im rührigen
Thüringen hatten Boleslaw und Mesko das breite Warenangebot
von spezialisierten Handwerkern und die Vorzüge des Handels
und damit der Geldwirtschaft kennen gelernt. Diese Ideen nahmen
sie nun mit nach Schlesien und begannen, zur Intensivierung der
dortigen Wirtschaft, deutsche Siedler ins Land zu holen. Wie der
Stammbaum hier zeigt, entstammten die Ehefrauen der schlesischen
Piasten zumeist aus führenden Familien im Deutschen Reich.
Dies war ein Mittel, welches das deutsche Königtum nutzt, um
die Herrscher im benachbarten Schlesien an sich zu binden. Besondere
Bedeutung bei der Förderung der deutschen Kolonisation kommt
Boleslaws Sohn Heinrich I. und dessen Gemahlin Hedwig zu. Er gründete
Städte nach deutschem Recht, wie beispielsweise 1234 die Stadt
Ohlau. Seine fromme Gemahlin ließ sich die schon unter der
Herrschaft ihres Schwiegervaters, der 1163 das Kloster Leubus gegründet
und Zisterzienser aus dem bei Naumburg gelegenen Konvent Pforta
dorthin gerufen hatte, begonnene Ansiedlung von deutschen Ordensgeistlichen
angelegen sein. Nach dem Tod ihres Gemahls 1238 trat sie selbst
in das 1202 von ihr gegründete Zisterzienserinnenkloster Trebnitz
ein, wo sie 1243 starb. 1267 wurde Hedwig heilig gesprochen und
seitdem als Schutzpatronin Schlesiens verehrt.
Die nach Schlesien gerufenen deutschen Siedler kamen hauptsächlich
aus Franken und Mitteldeutschland. Zunächst noch durch die
in Böhmen und in der Lausitz lebende slawische Bevölkerung
vom deutschen Sprachraum abgeschnitten, entwickelte sich in Schlesien
bald ein eigener Dialekt und eigenes deutsches Volkstum. |
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Familienname „Geppert“ Zeugnis ab. Handelt es sich
doch dabei um die schlesische Form des besonders in Franken, der
Oberpfalz, in Thüringen und dem südlichen Sachsen-Anhalt
verbreiteten Familiennamen „Gebhardt“.
Ursprünglich handelt es sich hierbei um einen Vornamen, der
seit dem 11. Jahrhundert besonders durch die Verehrung des Heiligen
Gebhard, Bischof von Konstanz (+ 995), in Mode gekommen war. Von
der Wortbedeutung her handelt es sich um eine althochdeutsche Namensbildung
die als „starke Gabe“ (geba = Gabe; hart = hart, stark,
fest, entschlossen) zu interpretieren ist.
Was wir über die ältere Geschichte unserer schlesischen
Vorfahren wissen, haben wir dem aus der schon vor dem 2. Weltkrieg
nach Leipzig umgesiedelten Stadtlinie stammenden Wolfram Geppert
zu verdanken. Er muss sich schon vor dem Ende des Krieges intensiv
mit der Genealogie der Gepperts beschäftigt haben, denn durch
die in Folge der Vertreibung der Schlesier eingetretenen Archiv-Verluste,
namentlich an Kirchenbüchern und Standesamtsunterlagen, hätte
er diese Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr leisten
können.
Die drei Orte Groß-Jenkwitz, Giersdorf und Pampitz, die in
Wolfram Gepperts Forschungsergebnissen als Wohnsitze unserer Geppert-Vorfahren
auftauchen, liegen alle im Umkreis weniger Kilometer südlich
von Brieg. Sie gehören heute mit Böhmischdorf, Johnsdorf,
Kreisewitz, Michelsdorf, Schönfeld, Alzenau, Pogarell und Konradswaldau
zur Gemeinde Alzenau (Olszanka) in der Woiwodschaft Oppeln. Alle
diese Orte sind mir noch aus den Erzählungen meiner Großmutter
Frieda Geppert geläufig. |
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Die Herkunftsorte unserer
Vorfahren südlich von Brieg
(Kartengrundlage: Meßtischblatt 5170, Brieg, 1932) |
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Sie lagen im Gebiet des schlesischen Herzogtums Brieg, das 1311
– nach dem Tod Herzog Heinrichs V. in der Erbteilung zwischen
dessen Söhnen Boleslaw III., Heinrich VI. und Wladislaw –
vom Herzogtum Breslau abgetrennt worden und dem genannten Boleslaw
zugefallen war. Damit war Brieg zur Residenz eines eigenen Zweiges
der Piasten geworden, und behielt, zusammen mit Liegnitz, diesen
Charakter unter allen schlesischen Städten am längsten,
nämlich bis zum Aussterben des Piastenhauses im Jahr 1675.
Da das Territorium des Herzogtums Brieg nahe an der Grenze zu Oberschlesien
lag, gab es hier auch einen polnischsprachigen Bevölkerungsanteil.
Die Oder bildete die Grenze zwischen der deutschen und der polnischen
Seite. Im Süden befand sich – so schreibt Friedrich Albert
Zimmermann 1763 in seinen Beiträgen zur Beschreibung von Schlesien
– die „deutsche Seite, deren Einwohner deutsch sprechen
und meist evangelisch sind“; im Norden, besonders um Leubusch,
Döbern, Neusorge, Mangschütz und Karlsmark wurde polnisch
geredet und die katholische Konfession war vorherrschend. Die Herkunftsorte
unserer Vorfahren waren alle südlich, beziehungsweise südwestlich
der Oder gelegen. Der älteste bekannte Geppert, Elias, lebte
in Groß-Jenkwitz. Er starb dort 1683 als Bauer im Alter von
46 Jahren. Er muss im Dorf großes Ansehen genossen haben,
denn aus dem Heiratseintrag seines Sohnes von 1691 erfahren wir,
dass sein Vater das Schulzenamt innegehabt hatte. Der Schulze war
der vom Dorfherrn eingesetzte Vertreter im Amt. Er hatte im Auftrag
seines Herren die Mitglieder der Gemeinde zur Leistung ihrer Schuldigkeiten
anzuhalten, die Abgaben einzuheben, dessen Anordnungen zu verkünden
und durchzusetzen und als Polizeiorgan im Dorf zu wirken.
Groß Jenkwitz war ein ritterschaftliches Dorf. Es war der
Sitz eines Zweiges der schlesischen Uradelsfamilie Habdanck, der
sich seit 1351 von Jenkwitz nannte und bald darauf hohe weltliche
und geistliche Stellungen als Ratsherren und Pfarrer in Brieg und
Breslau bekleidete, während sich Groß-Jenkwitz bereits
1374 in den Händen der Familie von Schellendorf befindet.
1763 gab es im Dorf neben dem als Vorwerk bezeichneten Herrschaftsgut
eine evangelische Kirche, ein Pfarr- und Schulhaus, eine Wasser-
und eine Windmühle, 15 Bauern, 27 Gärtner, 6 Häusler
und 297 Einwohner. Der Dorfherr war der Kreisdeputierte Carl Leopold
von Schickfus. |
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Auszug aus der Karte
Principat[us] Brigensis in Silesia Inferior
(Fürstentum Brieg in Niederschlesien)
Kupferstich von Georg Friedrich Lotter,
Augsburg 1760 |
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Giersdorf war im 14. Jahrhundert im Besitz eines weiteren wichtigen
schlesischen Uradelsgeschlechtes gewesen, der Herren von Pogarell.
Ihm entstammte beispielsweise Preczlaw von Pogarell, der 1341 zum
Breslauer Bischof gewählt worden war und bis zu seinem Tod
1376 die Geschicke dieses Bistums leitete.
1403 veräußerte Niklas von Pogarell das von seinen Eltern
ererbte Dorf Giersdorf samt dem Kirchenlehen, der Scholtisei sowie
der hohen und niederen Gerichtsbarkeit an zwei Brieger Bürger.
Nach vielen Besitzwechseln im Lauf des 15. Jahrhunderts erwarb schließlich
die Stadt Brieg 1515 die eine Hälfte und 1597 die andere Hälfte
des Dorfes. 1936 veröffentlichte der Landwirt Traugott Geppert
aus Giersdorf in den Brieger Heimatblättern eine Schilderung
der Gemeinde Giersdorf vor 150 Jahren. Wie er schreibt, sei 1745
Christian Geppert Erb- und Gerichtsscholze in Giersdorf gewesen.
Ob dies stimmt ist allerdings fraglich, denn laut Wolfram Gepperts
Forschungsergebnissen ist er erst 1731 zur Welt gekommen. Vielmehr
muss damals Christians Vater Michael Geppert das Schulzenamt in
Giersdorf bekleidet haben. Dieser war 1695 als Sohn des Bauern und
Gerichtsgeschworenen Michael Geppert in Groß-Jenkwitz geboren
und hatte sich 1722 mit Margaretha Monzelin, der Tochter des Giersdorfer
Schulzen, verheiratet. Nach dem Tod des Schwiegervaters mag er dessen
Schulzenamt geerbt haben und starb 1771 auf seiner „Erbscholtisey“.
Wann Christian Geppert die Nachfolge seines Vaters als Dorfschulze
angetreten hat, ist nicht bekannt. Laut seines Sterbeeintrages in
der Pfarrmatrikel von 1811 hatte er jedoch „sein Scholzenamt
treulich verwaltet und besonders im 7-jährigen Kriege der Gemeinde
großen Nutzen gestiftet“.
Noch 1844 befand sich die Erb- und Freischoltisei in Giersdorf in
den Händen von Johann Friedrich Gephard, der sicherlich ebenfalls
ein Nachkomme unseres Ahnherrn Michael Geppert gewesen ist. Am 20.
April des genannten Jahres löste er die Grundherrschaft der
Stadt Brieg über die genannte Erb- und Freischoltisei mit einer
Zahlung von 441 Reichstalern, 19 Silbergroschen und 11 Pfennigen
ab und wurde dadurch Eigentümer seines Besitzes. (AP Wroclaw
I/1976)
Neben dem Erb- und Gerichtsscholzen gab es nach Traugott Gepperts
Schilderung 1745 noch einen Bauern Christian Geppert, auf dessen
Hof 1935 Karl Lehnert wohnte, das Anwesen, in dem 1745 der Dreschgärtner
Georg Bergmann wohnte, gehörte 1935 Reinhold Geppert und der
Autor selbst besaß das Haus des 1745 genannten Roboth-Häuslers
Friedrich Geppert. Das einzige Opfer des Deutsch-Französischen
Krieges 1870/71 aus Giersdorf war übrigens Hermann, der Sohn
des Häuslers Gottlieb Geppert gewesen. 1785 bestand Giersdorf
aus der Erbscholtisei, 19 robothen Bauern, 2 Freigärtnern,
13 robothen Gärtnern, 3 freien Angerhäuslern und 11 robothen
Angerhäuslern. Ihre Fronleistungen hatten die Pflichtigen auf
dem der Stadt Brieg gehörigen Vorwerk Briegischdorf abzuleisten.
Der Grundbesitz des Erb- und Gerichtsschulzen bestand aus 3 Huben;
die übrigen Bauern im Dorf mussten sich mit 2 Huben zufrieden
geben. Um 1870 blühte übrigens in Giersdorf das Ziegelmacher-Handwerk
auf. Fast jeder Bauer hatte Ackerstücke, wo ausgezeichneter
Lehm zum Ziegelmachen vorhanden war und jeder ließ für
sich selbst Feldziegeln herstellen. So wurden nach und nach die
alten Holzhäuser im Dorf durch verputzte Ziegelbauten ersetzt,
die bis heute das Ortsbild auch in vielen der umliegenden Ortschaften
prägen. |
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Das Dorf, das uns allen als Herkunftsort unserer Familie am geläufigsten
ist, ist Pampitz. Ähnlich wie bei den meisten Orten in der
Umgebung, handelt es sich auch hier um ein typisch schlesisches
Straßendorf. Von Brieg kommend führt die Ortsstraße
nach Südwesten in Richtung Conradswaldau; die Häuser des
Dorfes sind meist giebelständig zur Straße hin ausgerichtet.
1334 verkaufte Herzog Boleslaw III. von Brieg 9 ¾ Hufen in
Pampicz an seinen Vasallen Peter Kosmatke. 1783 umfasste der zum
Dorf Pampitz gehörige landwirtschaftlich genutzte Grund- und
Boden 50 ½ Hufen, so das Peter Kosmatke damals rund 1/5 der
späteren Pampitzer Ortsflur in seinen Händen hatte. Boleslaws
Sohn, Ludwig I., erweiterte die alte Schlosskapelle in Brieg zur
Schlosskirche St. Hedwig und gründete 1369 das aus 12 Kanonikern
und 13 Vikaren bestehende Kollegiatsstift St. Hedwig, zu dem 1378
Czamborius von Pogarell 12 Zinshufen in Pampitz stiftete. Weitere
16 Hufen erwarb das Stift 1388 vom Krakauer Bürger Andreas
Meylnaw. 1412 verzichtete Herzog Ludwig II. von Brieg schließlich
auf sein Obereigentum und die ihm zustehende Gerichtsbarkeit über
Pampitz zugunsten des Hedwigsstifts und übertrug ihm 1415 auch
das Patronatsrecht über die dortige Kirche. Damit war Pampitz
Eigengut des Brieger Hedwigsstifts geworden.
Am 10. April 1741 schlug Friedrich der Große auf den Feldern
zwischen Pampitz und Mollwitz seine erste Schlacht im Schlesischen
Krieg. Pampitz wurde dabei von den Österreichern angezündet.
1793 heiratete der 1769 als Sohn des dortigen Erb- und Gerichtsschulzen
Christian Geppert in Giersdorf geborene Georg Friedrich Geppert
die Witwe des Johann Friedrich Jensch in Pampitz und übernahm
deren Hof. So war die Familie Geppert nach Pampitz gelangt.
Nach Richard Scholz's Pampitzer Chronik hatte das mit der Witwe
Jentsch erheiratete Anwesen die Hausnummer 30 und bestand aus 2
robotpflichtigen Hufen. In der Schlacht bei Mollwitz war es eingeäschert
und von Johann Friedrich Jentschs Vater, Friedrich Jentsch, 1748
wieder aufgebaut worden. Obwohl es sich bei diesem Anwesen nicht
um die Erb- und Stiftsscholtisei Pampitz handelt – diese trug
die Hausnummer 11 starb Georg Friedrich Geppert 1833 als Erb- und
Gerichtsschulze in Pampitz. Spätestens jetzt übernahm
der 1796 in Pampitz geborene Christian Gottlob Geppert das elterliche
Anwesen. 1816 hatte sich dieser mit Beate Eleonore Scholz, einer
Tochter von Daniel Scholz, verheiratet, die ihm den väterlichen
Hof, Hausnummer 34 in Pampitz mit in die Ehe brachte. Dieser umfasste
ebenfalls 2 robotpflichtige Hufen und es scheint, dass Christian
Gottlob im Anwesen seiner Frau seinen Hausstand gründete, während
Hausnummer 30 weiterhin von seinen Eltern Georg Friedrich und Maria
Elisabeth Geppert bewohnt wurde.
Von ihm überliefert Wolfram Geppert den folgenden Satz aus
der Pampitzer Sterbematrikel von 1866: „Es starb der Bauer
und Erbschulze Christian Gottlob Gephard, oder Geppert, wie hierzulande
die Leute sagen“.
Hausnummer 34 findet sich nun in den Händen des 1835 geborenen
Gottlieb Geppert, der sich 1862 mit Rosina Caroline Schlosser verehelicht.
Er war wohl der einzige überlebende Sohn aus Christian Gottlobs
erster Ehe und erbte das elterliche Anwesen.
Das 1833 vom Großvater hinterlassene Anwesen Hausnummer 30
erbte der aus der zweiten Ehe Christian Gottlobs mit Maria Elisabeth
Fischer stammende Traugott Geppert, der 1850 in Pampitz das Licht
der Welt erblickt hatte. Allerdings verkaufte er es bald darauf
an den aus Mollwitz stammenden Karl Körnig. Er verließ
Pampitz und begründete die bis heute in Leipzig blühende
Stadtlinie der Familie. Gottlieb Geppert starb 1898 in Pampitz.
Seinen Hof dort erbte sein 1869 geborener jüngster Sohn Reinhold
Geppert. Dessen älterer Bruder Adolf – geboren 1863 -
war seit etwa 1905 in Schüttlau im Kreis Guhrau als Gutsverwalter
für die von Frankenberg und Ludwigsdorf'sche Familienstiftung
tätig. |
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Familie Reinhold Geppert
in Pampitz 1931
Vorne von links: Pauline, geb. Krause mit Enkel Karl Hermann,
deren Mann Reinhold sen., die unverheiratete Tochter Lisbeth.
Dahinter von links: Frieda, geb. Glemnitz, deren Mann Gerhard
und dessen Bruder Reinhold jun. |
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Reinhold Geppert nun ist mein Urgroßvater. Seine Ehefrau
war Pauline, geborene Krause. Sie schenkte ihm vier Kinder, darunter
die beiden Söhne Gerhard – geboren 1903 – und Reinhold
– geboren 1909. Gerhard – mein Großvater –
ist, so weiß ich es von meiner Großmutter – als
Baby vom Wickeltisch gefallen und hat sich dabei eine Verletzung
an der Ferse zugezogen. Die gerissene Sehne wurde zwar mit „Katzendarm“
geflickt, doch behielt Großvater zeitlebens eine Gehbehinderung:
Er hinkte.
Dies war der Grund, warum sein Vater die Entscheidung traf, dass
er Lehrer werden sollte, während er den Pampitzer Hof seinem
jüngeren Sohn Reinhold zu übergeben gedachte. Gerhard
jedoch fühlte sich zur Landwirtschaft hingezogen und anstatt
das Lehrerseminar zu besuchen, studierte er Agrarwirtschaft in Breslau.
Inzwischen hatte er die 1905 in Ohlau geborenen Frieda Glemnitz
kennengelernt und 1929 in Pampitz geheiratet. Der elterliche Hof
in Pampitz war ja dem jüngeren Bruder Reinhold versprochen
oder vielleicht schon übergeben. Deshalb erwarb Gerhard Geppert
1937 für 44.000 Reichsmark eine aus dem zerschlagenen Rittergut
Dammelwitz bei Ohlau gebildete Neubauernstelle und zog mit seiner
Familie dort hin.
Das Anwesen Geppert in Dammelwitz umfasste - nach den von meiner
Großmutter Frieda Geppert im Antrag auf Lastenausgleich gemachten
Angaben - landwirtschaftliche Nutzflächen im Umfang von 21
Hektar. Davon entfielen 0,5 Hektar auf Haus- und Obstgärten
und 0,5 Hektar auf Hofraum und Wege. Die restlichen 20 Hektar waren
in der Regel mit Weizen, Zuckerrüben und Gemüse angebaut.
Das Wohnhaus ist noch im Jahr des Erwerbs (1937) aufgestockt und
umgebaut worden. Es hatte eine Grundfläche von 10 mal 19 Metern,
umfasste das Parterre und ein Obergeschoss. Allerdings war die Wohnung
im Obergeschoß an den Rentner Wilhelm Malitzke und dessen
Frau Elisabeth vermietet. Zum Hof gehörten noch ein massiv
errichteter Stall von 28 mal 10 Metern Grundfläche unter einem
Ziegeldach, eine 12 mal 33 Meter große, massive Scheune mit
Ziegeldach, ein Grünfuttersilo, 1 Hühnerstall und ein
Kartoffelsilo. Neben dem Betriebsinhaber Gerhard Geppert und seiner
Ehefrau Frieda, fanden auf dem Anwesen 5 weitere Menschen Lohn und
Brot. In den Ställen standen vor der Vertreibung 10 Kühe,
3 tragende Kalben, 2 Zugochsen, 5 Kälber, 15 Schweine, 2 Schafe,
60 Hühner (weiße Wagandotten) und 5 Enten. An landwirtschaftlichen
Geräten standen eine Dreschmaschine mit Reinigung, eine Strohpresse,
eine Häckselmaschine, ein Getreidemähbinder, eine Sämaschine,
ein Flügelmäher, 1 Grasmäher und 3 Pferdewagen zur
Verfügung. Die Kraft in der Scheune lieferten zwei Elektromotoren.
Trotz seiner Gehbehinderung wurde mein Großvater im März
1944 zum Kriegsdienst einberufen. Meine Großmutter hat mir
erzählt, dass ihr Mann – obwohl er Parteimitglied war
– nach echter Geppert-Manier, mit seiner kritischen Meinung
nicht hinter dem Berg hielt und dass er durch seine ertragssteigernden,
modernen landwirtschaftlichen Methoden – schließlich
war er ja studierter Ökonom – die neidischen Blicke gewisser
Gemeindemitglieder auf sich gezogen habe, weshalb ihn auch seine
Körperbehinderung nicht vor dem Kriegsdienst schützte.
Am 17. Januar 1945 verliert sich im polnischen Litzmannstadt (Lódz)
seine Spur. Zehn Tage später musste seine Frau Frieda Geppert
zusammen mit ihren drei Kindern den Hof in Dammelwitz verlassen.
Sie flohen zusammen mit den anderen Bewohnern des Dorfes vor der
heranrückenden Roten Armee und fanden schließlich im
fränkischen Marktleuthen eine neue Heimat.
Auch Reinhold – der Bruder meines Großvaters, der den
Hof in Pampitz übernehmen sollte – ist im Krieg geblieben.
Die Einwohner von Pampitz wurden am 25. Januar 1945 evakuiert. Urgroßvater
Reinhold verbrachte seinen Lebensabend zusammen mit seiner Ehefrau
Pauline und der unverheiratet gebliebenen Tochter Lisbeth auf der
Iltismühle und in Isgier bei Vohenstrauß, wo er 1960
starb.
Harald Stark
Literatur:
Sigrid Göbel: Mein Leben begann in Schlesien, Bebra
2002
C. Grünhagen: Geschichte Schlesiens, Gotha 1884
Lutz Mackensen (Hrsg.): Deutsche Heimat ohne Deutsche,
Braunschweig 1951
K. F. Schönwälder: Historische Ortsnachrichten
von Brieg und seinen Umgebungen, Teil 1 & 2, Brieg 1847
K. F. Schönwälder: Die Piasten zum Briege oder
Geschichte der Stadt und des Fürstentums Brieg, 3 Bde., Brieg
1855/56
Richard Scholz: Pampitzer Chronik, Briegische Heimatblätter
Nr. 41 (1929), S. 163-164; Nr. 42, S. 167-168; Nr. 43, S. 171-172;
Nr. 44, S. 175-176; Nr. 45, S. 179-180; Nr. 46, S. 183-184; Nr.
47, S. 187-188; Nr. 48, S. 191-192; Nr. 49, S. 195-196; Nr. 50,
S. 199-200; Nr. 51, S. 203-204; Nr. 52, S. 207-208; Nr. 53, S.
211-212; Nr. 54, S. 215-216; Nr. 55, S. 219-220; Nr. 56, S. 223-224;
Nr. 57, S. 227-228; Nr. 58 (1930), S. 231-232.
Franz Schroller: Schlesien – Eine Schilderung des
Schlesierlandes, Glogau 1888
Fedor Sommer: Landeskunde Schlesien, Breslau 1913
Holger Tümmler (Hrsg.): Heimatatlas für die
Provinz Schlesien, Augsburg 2008
Johannes Ziekursch: Hundert Jahre Schlesischer Agrargeschichte
– Vom Hubertusburger Frieden bis zum Abschluss der Bauernbefreiung,
Aalen 1978
Friedrich Albert Zimmermann: Beyträge zur Beschreibung
von Schlesien, I. Band, Brieg 1783: Beschreibung des Briegischen
Kreises als das fünfte Stück des ersten Bandes.
Schlesische Güteradreßbücher 1870-1937,
Digitale Quellen zur schlesischen Kulturgeschichte, CD-Edition,
Königswinter 2004 |
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