Baudenkmäler in Gefahr: Gut Hummendorf

Schon früher, als man auf der Bundesstraße 303 noch durch Untersteinach hindurch fuhr, war das Gut Hummendorf schwer zu finden. Denn dort, wo die Brücke über die Nebenbahn Untersteinach-Stadtsteinach im Straßenverlauf eine Kuppe bildete und man als Autofahrer seine Augen auf der Fahrbahn haben musste, zweigte das Sträßchen in die Niederung der Unteren Steinach nach Hummendorf ab. Von der heutigen Trasse der B 303 gibt es zwischen Untersteinach und Stadtsteinach keine Abzweigung mehr und wer nach Hummendorf will, muss den alten Streckenverlauf wählen. Kurz bevor mehrere auf der Fahrbahn aufgeschüttete Sandhaufen und eine Absperrung die Straße im Nichts enden lassen, führt der abschüssige Weg nach Links zum Gut Hummendorf hinunter.
Doch was will man schon in Gut Hummendorf? Auch wenn es in der Denkmalliste der Gemeinde Untersteinach heißt "Freiherrlich von Guttenbergsches Gut, Ausbau und Ausstattung 1724 - 1729 unter Mitarbeit von Balthasar Neumann", so kommt der Kunstliebhaber und Schlösserfreund hier kaum auf seine Kosten. Von der ehemaligen barocken Dreiseitanlage, mit Stallflügel im Westen und einer mit einem Mansardendach versehenen Scheune im Osten, die auf einer Fotografie von 1922 noch abgebildet werden konnte, ist gerade einmal das Herrenhaus geblieben. Doch auch dieses bietet heute einen mehr als traurigen Anblick. Die Fenster sind zugemauert, der noch 1922 vorhandene Wappenstein über dem Portal ist verschwunden, der Putz bröckelt und das Dach wurde seiner charakteristischen Schleppgauben beraubt. Öd, unbewohnt und ungenutzt steht es da und wartet auf seinen Verfall. Geradezu prophetisch warnt ein gelbes Schild an der schon lange nicht mehr geöffneten Haustür: "Einsturzgefahr - Betreten verboten!"
Dabei kann Gut Hummendorf auf eine über 600 Jahre lange Geschichte zurückblicken. Es ist aus zwei vom Bamberger Bischof verliehenen Burggütern hervorgegangen, die um 1400 in den Händen der Herren von Wirsberg waren. Schon bald - zwischen 1436 und 1497 - erwarben die Guttenberger "das Burggut Hummendorf zwischen den beiden Steinach gelegen", die somit diesen Besitz mehr als ein halbes Jahrtausend ihr Eigen nennen können. 1633 wurde das bambergische Hummendorf von den Schweden - in wirklichkeit handelte es sich um Söldner des mit dem Schwedenkönig verbündeten Markgrafen Christian zu Brandenburg-Kulmbach - "dergestalt in die Aschen gelegt, daß nicht ein Stecken bestand". Mehr als sechs Jahrzehnte lang blieb das Gut in Trümmern liegen, bis es um 1700 wieder aus der Asche erhoben wurde. 1705 wird der Neubau folgendermaßen beschrieben: "Das dermalige zweistöckige Schlößlein wird im unteren Stock vom Pächter der Güter bewohnt und ist die Pferdestallung auf der einen Seite, hat seinen Backofen rechter Hand in der Hofreite, die Stallungen für das Vieh nebst einem Wagenschuppen linkerhand, eine ganz von Steinen aufgemauerte Scheuer, welche in der Mitte eine Schafscheuer und auf der anderen Seite abermal eine in zwei »Bahren« bestehende, sehr geräumige große Scheuer [hat]. Hat seinen eigenen Brunnen auf der Wiese mit einer Milchsteige, dann den Keller unter dem am Berg stehenden Haus."
War das Schloss gebaut worden, als Marquard Karl Ludwig von Guttenberg noch unter Vormundschaft stand, so betrieb er in den Jahren 1724 bis 1729 den weiteren Ausbau der Gebäude. Die Pläne dazu wurden keinem geringeren als dem Würzburger Hofbaumeister Balthasar Neumann zur Überprüfung übersandt. Dies muss nicht verwundern, denn die Familie Guttenberg stand damals in enger Beziehung zum Hochstift Würzburg. Immerhin war Johann Gottfried von Guttenberg aus der Steinenhausener Linie der Familie von 1684 bis zu seinem Tod 1698 Fürstbischof in Würzburg gewesen. 1725 waren im Schloss die Stuckaturarbeiten in vollem Gange. Im selben Jahr war auch der heute verschwundene Wappenstein über dem Eingang des Gebäudes angebracht worden, der Marquard Karl Ludwig und dessen erste Ehefrau Maria Katharina von Franckenstein als dessen Erbauer auswies.
Um 1925 wurde der Stallflügel im Westen nach einem Brand erneuert und auch die Scheune auf der Ostseite des Hofes ist - ihrem gegenwärtigen Aussehen nach - im 20. Jahrhundert neu erbaut worden. Obgleich der Charakter des Gutes als Dreiseithof dadurch zerstört wurde, erfolgte vor einigen Jahren mit Genehmigung des Denkmalamtes der Abbruch des Stallflügels. Die barackenartigen Nebengebäude im Süden des Guthofes sowie das auf mehreren Fotos dokumentierte Taubenhaus sind schon seit längerer Zeit verschwunden. Schon bald werden wohl auch die übrigen Gebäude des Gutes Hummendorf der Vergangenheit angehören. Nachdem 1982 der einstige Adelssitz in Untersteinach dem Erdboden gleichgemacht wurde, wird es dann auf Untersteinacher Gemeindegebiet keinen Schlossbau mehr geben.

Harald Stark

Literatur:
Johannes Bischoff: Genealogie der Ministerialen von Blassenberg und Freiherrn von (und zu) Guttenberg 1148 - 1970,Würzburg 1971, S. 162
Hellmut Kunstmann: Schloss Guttenberg und die früheren oberfränkischen Burgen des Geschlechts, Würzburg 1966, S. 170 - 176
Karl-Ludwig Lippert: Bayerische Kunstdenkmale - Landkreis Stadtsteinach, Kurzinventar Bd. 20, München 1964, S. 40

Gut Hummendorf im Jahr 1922 (Abbildung aus H. Kunstmann: Schloss Guttenberg und die früheren oberfränkischen Burgen des Geschlechts, Würzburg 1966)

Herrenhaus und Scheune des Gutes Hummendorf um 1980 (Foto: Untere Denkmalschutzbehörde)
Herrenhaus und Stallflügel des Gutes Hummendorf um 1980 (Foto: Untere Denkmalschutzbehörde)
Das Herrenhaus des Gutes Hummendorf um 1980 (Foto: Untere Denkmalschutzbehörde)
Das Herrenhaus des Gutes Hummendorf 2012 (Foto: Harald Stark)
Harald Stark
Die Scheune des Gutes Hummendorf 2012 (Foto: Harald Stark)