Der herrliche
Felsengarten Sanspareil dient mir - seit ich als "Reigschlaafda"
in Kulmbach ansässig geworden bin - an warmen Sommerabenden
oft als beliebter Ruheort. Als bevorzugte Route auf der Fahrt
in den baumbeschatteten Hain, hat sich im Lauf der Zeit der Weg
über Thurnau - Leesau und Großenhül herauskristallisiert.
Dort wo die Straße - und parallel dazu auch die 1996 fertiggestellte
A 70 - beginnt aus der Mainniederung die Hochfläche der nördlichen
Frankenalb zu erklimmen, liegt in einem von bewaldeten Abhängen
gebildeten Winkel das Dorf Menchau. Von Thurnau kommend führt
die Straße durch einen tief in den Doggersandstein eingeschnittenen
Hohlweg mit einigen noch sichtbaren Felsenkellereingängen
in das Dorf hinein. Ein von der Straße abzweigender zweiter
Hohlweg steht als eingetragenes Geotop sogar unter besonderem
Schutz. Auch ein sagenumwobener Kreuzstein, mit einem erhaben
herausgemeißelten Kreuz und einer darauf eingeritzten Pflugschar,
begrüßt den von Thurnau aus kommenden Reisenden links
der Straße beim Eintritt derselben in den alten Hohlweg.
Der gute Eindruck, den man durch diese Natur- und Kulturschönheiten
am Ortseingang gewinnt, wird allerdings im Dorf durch die rechts
der Straße stehende Ruine eines alten Hauses etwas getrübt.
Es handelt sich um die Überreste eines - trotz der 2003 erteilten
Abbruchgenehmigung - noch in der Denkmalliste zu findenden Wohnstallhauses.
Durch die teilweise noch vorhandenen Fenster des aus Sandsteinquadern
gemauerten Erdgeschosses fällt der Blick auf üppig wucherndes
Buschwerk. Das Türgewände ist im Schlussstein mit den
Initialen "GB" und der Jahreszahl 1799 bezeichnet. Die
noch vorhandene blaugrün gestrichene Haustür ist wohl
nicht viel jünger. Das Fachwerkobergeschoss - warum es nach
Meinung der Denkmalliste erst im 19. Jahrhundert entstanden sein
soll, entzieht sich meiner Kenntnis, zumindest habe ich beim Aktenstudium
keine Hinweise auf eine entsprechende Baumaßnahme finden
können - wurde inzwischen abgebrochen.
Da es dieses Haus ja eigentlich gar nicht mehr gibt, ist es nicht
leicht gewesen, eine Hausnummer dafür zu finden. Jedenfalls
trägt heute ein anderes Anwesen die Bezeichnung Menchau 23.
Ein Blick auf das im Herbst 1850 entstandene Ortsblatt zur Katasteruraufnahme
zeigt jedoch, dass unsere heutige Hausruine damals mit der Hausnummer
23 bezeichnet war. Mit dieser Information in der Tasche reiste
ich dann nach Bamberg um dort im Staatsarchiv etwas mehr über
die Geschichte dieses einst schmucken Fachwerkhauses zu erfahren.
Wie die dortigen Recherchen ergaben, war es 1811 im Besitz des
Handwerksmeisters Georg Bauer gewesen. Er hatte das Anwesen 1782
vom Schuhmachermeister Gabriel Amschel für 85 fränkische
Gulden und 1 Species-Taler "Tranckgeld" erworben und
das Wohnhaus seitdem völlig neu erbaut. Damit wissen wir
nun, welcher Name sich hinter den Initialen "GB" im
Gewände der Haustür verbirgt. Georg Bauer war es gewesen,
der sich 1799 hier - wahrscheinlich an Stelle eines kleinen, alten
Holzhäuschens - ein neues Heim geschaffen hat. In der Besitzfassion
werden die Gebäude des Anwesens kurz und bündig beschrieben:
"Ein Wohnhaus, Haus-No. 23, halb gemauert, mit (der) Scheune
zusammengebaut." Außer ein beim Haus befindliches "Schorgärtlein"
besaß Bauer keine weiteren landwirtschaftlich nutzbaren
Grundstücke. Der Besitzer des Häuschens musste seinen
Lebensunterhalt eben als Handwerker verdienen.
Das Anwesen war 1811 der Gerichtsbarkeit des gräflich giech'schen
Justizamtes Thurnau unterworfen und wurde vom dortigen Kammeramt
der Grafen von Giech als Lehen vergeben. Georg Bauer zahlte dorthin
jährlich 1 Gulden und 12 Kreuzer Erbzins und lieferte von
jeder Kuh im Stall 1 Maß "Herrenschmalz". Bei
einem Besitzwechsel wurden 10 % des Gutswertes als Handlohn fällig.
Der sogenannte "Todenfall", in Höhe von festgeschriebenen
30 Kreuzern, musste beim Tod des Lehensherrn und des Lehennehmers
an das Kammeramt Thurnau entrichtet werden. Den lebendigen Zehnt
von Kälbern, Lämmern, Ziegen und Gänsen erhielt
das Hospitalamt in Thurnau. Doch waren solche Abgaben von Bauers
Anwesen wohl sowieso nicht zu erwarten. Vielmehr als eine Ziege
und ein paar Hühner wird konnte er vom Ertrag seines Gärtchens
wohl nicht ernähren. Neben diesen gutsherrlichen Abgaben
hatte Bauer im Jahr noch 32 ? Kreuzer landesherrliche Steuer und
5 ? Kreuzer "Service" zu bezahlen. Der Pfarrer in Berndorf
erhielt von ihm jährlich 6 Kreuzer "Wölfersteuer"
und der dortige Schulmeister 1 Garbe Getreide und 1 Laib Brot.1)
1854 gehörte das Anwesen Haus-Nr. 23 in Menchau dem Büttner
Adam Stamm. Er hatte es am 26. August 1847 von seinem Schwiegervater
Conrad Leikam übernommen. Er vermehrte die landwirtschaftlich
nutzbaren Flächen des Anwesens um mehrere "walzende
Grundstücke". Bis 1878 umfasste sein Besitz 3,33 Hektar
Acker- und Gartenfläche. Nachdem Adam Stamm 1873 im Bereich
des Gras- und Wurzgärtleins am Haus einen Backofen erbaut
hatte, ging das Anwesen 1878 für einen Kaufpreis von 3428
Mark an seinen Sohn, den Büttner Conrad Stamm über.
Dieser baute 1880 auf dem zwanzig Jahre zuvor vom Vater erworbenen
Gras- und Wurzgarten "über dem Bach in den Mainleiten"
(Plan-Nr. 65) einen neuen Stadel mit Wagenschupfe, der 1910 durch
den Anbau einer Göpelhalle erweitert wurde. 1920 gelangte
das Anwesen schließlich in den Besitz der Familie Ramming.2)
Quellen:
1) StA. Bamberg K 236, Nr. 171a: Besitzfassionen zum Rustical-Cataster
des Steuer-Districts Limmersdorf, 1811, Nr. 124.
2) StA. Bamberg K 236, Nr. 203: Grundsteuerkataster 1854, Haus-Nr.
23 in Moenchau, und K 236, Nr. 206a: Umschreibkataster der Steuergemeinde
Menchau, Haus-Nr. 23. |
|