Die Instruktion des Kulmbacher Nachtwächters 1878

StadtA. Kulmbach
121 - 10 Nr. 3

 

Instruktion für die Nachtwächter


[1] §. 1
Die Nachtwächter sind städtischze Bedienstete,
welche ohne Anspruch auf Pension auf
Ruf und Widerruf angestellt sind
und jederzeit entlassen werden können.

§. 2
Ihr Dienst ist ein Doppelter und zwar
der eigentliche
1. Dienst als Nachtwächter,
2. Deren Beschäftigung bei den Communal-Arbeiten.

§. 3
In Bezug auf ihren Dienst als Nacht-
wächter, stehen dieselben als Organe
der öffentlichen Sicherheit unter der
Aufsicht des Polizey-Vorstandes oder des
von demselben ernannten Stellver-
treters. Soweit dieselben als städtische
Arbeiter verwendet werden, sind
dieselben dem Baurath untergeordnet
und haben von diesem Befehle zu em-
pfangen und dieselben zu vollziehen.

§. 4
Die Nachwächter sind verpflichtet
während ihrer Nachtdienstzeit im All-
gemeinen darauf zu achten, dass die
öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicher-
heit nicht gestört wird, hauptsächlich
dafür zu sorgen, daß der Ausbruch
eines Schadenfeuers möglichst verhütet
wird, eingetretenen Falls aber sogleich
dafür zu sorgen, daß die nöthigen
Hilfeleistung zur Bekämpfung des
Feuers herbeigerufen wird.

§. 5
Die Nachwächter haben Sommer wie
Winter die Nachtwache zu vollziehen
und von 10 Uhr an laut und vernehm-
lich die Stunden an den festgesetzten
Plätzen auszurufen. Vor dem Abrufen
aber durch einen Stoß in ihr Horn
aufmerksam zu machen.
Im Sommerhalbjahr (v. 1. März bis 1 Okt.)
hat das Ausrufen der Stunden bis 4
Uhr morgens, im Winterhalbjahr
v. 1. Okt. bis 1. März bis 5 Uhr morgens
zu geschehen.

§. 6
Bei Wahrnehmung eines auffallenden
Brandgeruches haben die Nachtwächter
zunächst die Bewohner der betreffen-
den Gebäude zu wecken und auf-
merksam zu machen; bei wirk-
lich wahrgenommenem Ausbruch eines
Brandes aber sogleich durch fortgesetztes
Blasen auf ihren Signalhörnern Feuer-
lärm zu machen, auch der Polizey-
wache Anzeige zu erstatten und den
Magistrats-Vorstand sowie den
Commandanten der Feuerwehr in
Kenntnis zu setzen, und sich
hierauf zur Verfügung der Brand
Feuerlöschdirektion zu stellen.

§. 7
Bei vorkommenden nächtlichen Zusammen-
laufen, Ruhestörungen oder Raufereien
haben sie treffenden Personen so-
gleich zum Auseinandergehen aufzu-
fordern und Zuwiderhandelnde
zur Anzeige zu bringen, unbe-
kannte Personen aber, welche nicht
im Stande sind, sich zu legitimieren,
zu ergreifen und auf die Polizey-
wache abzuliefern. Die Polizeyman[n]-
schaft ist zur Hilfeleistung verpflichtet.

§. 8
Bezüglich der Funktion als Comunalar-
beiter sind die Nachtwächter dem
Befehle des Baurathes unterstellt
und demselben Gehorsam schuldig.
Die Arbeitszeit ist festgesetzt wie
folgt:

A. Für die Sommermonate
früh 5 Uhr Beginn der Arbeitszeit
Von 8 - 8 ½ Uhr Brodzeit
Mittag 11 - 12 Uhr freie Zeit
Nachm. 12 - 3 Uhr Arbeitszeit
Nachm. 3 - 3 ½ Uhr Brodzeit
Abends 6 Uhr Feierabend
(am Samstage nur 5 Uhr)

B. Für die Winter-Monate
früh 7 Uhr Beginn der Arbeit
Mittag 11 - 12 Uhr Ruhezeit
Nachm. 12 - 5 Uhr Arbeitszeit
Abends 5 Uhr Feierabend.
(Die Brodzeit fällt weg)
Die Communalarbeiter (Nacht-
wächter) sind über jenes verpflichtet
alle zu jeder beliebigen Zeit vor-
kommenden Noth-Arbeiten zu ver-
richten und haben natürlich auch
Anspruch auf entsprechende Ver-
gütung hiefür.
Andere als Communalabreiten zu
übernehmen ist den Nachtwächtern
nicht gestattet und erfordert
wenigstens die specielle Erlaubnis
des Baurathes.

§. 9.
Bei heftigen Gewittern haben sich
die Nachtwächter unter allen Um-
ständen sowohl bei Tag als bei Nacht
am Rathhause einzufinden.

§ 10.
Bei Verwendung der Nachtwächter
zur Arbeit im Walde ist es denselben
strengstens verboten selbst oder
durch ihre Angehörigen ohne specielle Er-
laubnis irgend ein Forstprodukt
wegtragen zu lassen und wird vor-
kommenden Falls unnachsichtlich mit
Strafe eingeschritten werden.
Den Angehörigen der Nachtwächter
ist der Zutritt in den Wald nur in
der Mittagsstunde gestattet.

§. 11.
Verfehlungen gegen diese Instruktion
haben, vorbehaltlich weiterer Straf-
einschreitung, Verwarnung und im
zweiten Falle sofortige Entlassung
zur Folge.

Kulmbach, 10. Sept. 1878
Stadtmagistrat
(Unterschr.:) Rosencrantz

A u s z u g
aus dem
Sitzungsprotocolle
des
S t a d t m a g i s t r a t s

Pr. Geschehen
Das Magistrats-Collegium Kulmbach am 17. September 1878

306. Die Herstellung einer Instruction für
die Nachtwächter

Die hergestellte und abgelesene
Instruction für die Nachtwächter
wird genehmigt.

307.

Folgen die Unterschriften

Zur Beglaubigung des Auszugs
Kulmbach am 17. September 1879
Stadtmagistrat
LS. (Unterschrift:) Rosencrantz


Praes. Geschehen
Rechtsk. Bürgermeister Rosenkranz Kulmbach am 21. September 1878
Protf. Seiferth

Den heute auf Ladung erschienenen 4 Nachtwächtern
wurde heute die Dienstes-Instruction vom 10. Septbr. c.
durch wortdeutliches Vorlesen eröffnet.
Hiernach wurden dieselben durch Abnahme des
Handgelübdes an Eidesstatt auf Befolgung der In-
struction verpflichtet und jedem der 4 Nachtwächter
ein Exemplar der Instruction eingehändigt.

Laut Unt.


(Unterschriften:) Lorentz Schoberth
Wolfgang Reis
Adam Degelmann
Georg Hirschmann

G. w. o.

(Unterschrift:) Rosencrantz


[11]

I. Ein Exemplar der
Instruction wurde
in der Polizey-
wachtstube aufge-
hängt

II. Ein weiteres
Exemplar wurde
H. Baurath Scheiding
eingehändigt.

III. Ad acta

Kulmbach , 24. Sept. 1878
StMgstrat.
(Unterschr.:) Rosencrantz


Abschrift: Harald Stark, Kulmbach 09-2002