Geppert-Familientreffen in Herzogenaurach 2013

 

Samstag, 7. September 2013

Bisher ist mir Herzogenaurach vor allem als wichtiger Industriestandort in Mittelfranken ein Begriff gewesen. Dank des Vetters Stefan Seltsam, dessen Mutter Sigrun eine geborene Geppert ist, hatte ich nun Gelegenheit, das schöne Städtchen an der Aurach etwas näher kennen zu lernen. Er hatte nämlich am ersten Septembersamstag dieses Jahres zu einem Geppert-Familientreffen in seine Heimatstadt eingeladen.

Stadt- oder Landlinie ?

Zum Mittagessen trafen sich rund 30 Gepperts und Geppert-Nachkommen im "Gasthof zum Roten Ochsen" am Herzogenauracher Marktplatz. Nachdem wir wohl gesättigt waren, übernahm Ingolf Geppert die kurze Vorstellung der an den beiden langen Tischen sitzenden. Die meisten Anwesenden zählten zur Nachkommenschaft von Adolf Geppert - 1863 in Pampitz geboren und 1933 in Wohlau gestorben. Dieser erscheint in den Schlesischen Güteradressbüchern von 1905 bis 1926 als Administrator und Gutsvorsteher des im Kreis Guhrau gelegenen Gutes Niederschüttlau der Frankenberg-Ludwigdorfschen Familienstiftung. Die diskutierte Frage, ob Adolf Geppert und seine Nachkommen nun der Stadt- oder Landlinie der Familie angehören, konnte auch von der Geppert-Spezialistin Beate Dotter nicht aus dem Stegreif beantwortet werden. Nach Wolfram Geppert (1917 - 1983), dessen genealogischen Forschungen wir die meisten Angaben zur älteren Familiengeschichte verdanken, begründete Traugott Geppert (1850 - 1910) die Stadtlinie in Breslau, während dessen älterer Bruder Gottlieb Geppert (1835 - 1898) die Landlinie in Pampitz fortsetzte. Demnach gehörten alle in Herzogenaurach anwesenden Gepperts der Landlinie an, denn meine Mutter Bärbel Stark, geb. Geppert, deren Bruder Karl Hermann, ich und meine Tochter Alexandra stammen von Adolfs Bruder Reinhold Geppert - geb. 1869 in Pampitz, gest. 1961 in Vohenstrauß - ab.

Stadtrundgang in Herzogenaurach

Nach dem Mittagessen erwartete uns Herr Gäbelein, der Vorsitzende des Heimatvereins Herzogenaurach, zu einem Rundgang durch das von schmucken Fachwerkhäusern geprägte historische Zentrum der Stadt. Auf dem Platz hinter dem alten Rathaus weihte uns Herr Gäbelein in die Mysterien der Geschichte der Stadt ein. Urzelle des Ortes war wohl ein im 8. Jahrhundert entstandener fränkischer Königshof, der 1021 durch Kaiser Heinrich II. dem Bistum Bamberg übertragen wurde. Neben der im Bereich um die Kirche zu suchenden ältesten Siedlungszelle gründeten die Bamberger Bischöfe in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts einen Marktflecken. Dies geschah wahrscheinlich unter den Bischöfen Eckbert (1203 - 1237) oder Poppo (1237 - 1242), die beide aus dem Haus der Herzöge von Andechs-Meranien stammten, weshalb die bisher nur als "Uraha" - also Aurach - bezeichnete Siedlung, von nun an den Namen Herzogenaurach führte.
Die Bamberger Bischöfe bauten am nördlichen Rand dieser noch im 13. Jahrhundert mit Mauern, Gräben und Türmen gesicherten Marktsiedlung eine Burg, die den bischöflichen Amtleuten fortan als Wohn- und Amtssitz diente. An ihrer Stelle ließ Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn unter der Leitung des Jesuitenpaters Nikolaus Loyson 1712 ein neues Amtshaus errichten. Dieser 1967 um zwei moderne Flügel ergänzte Barockbau dient der Stadt Herzogenaurach heute als Rathaus.
Nun ging es zur katholischen Stadtpfarrkirche Maria Magdalena, die vor ihrem Neubau im frühen 14. Jahrhundert ein Martinspatrozinium hatte. In der Kirche beeindruckte besonders das - laut Aussage unseres Führers - aus dem 14. Jahrhundert stammende Holztonnengewölbe, das gotische Sakramentshäuschen im Chor und ein neben dem nördlichen Seiteneingang stehender gotischer Taufstein. Der in elegantem Rokoko gestaltete nördliche Seitenaltar überrascht mit einer wohl dem frühen 15. Jahrhundert angehörenden sitzenden Madonna. Eine im Chorbogen hängende Strahlenkranzmadonna soll von Veit Stoß stammen.
Nordöstlich der Kirche steht die ehemalige Karnerkapelle, die jedoch nicht näher unter die Lupe genommen wurde. Statt dessen ging es um die Kirche herum zum 1508 von dem reichen Färber und Tuchhändler Cuntz Reyther gestifteten Hospital. Das massige, dreigeschossige Gebäude mit seinem schmucken, von einem Krüppelwalmdach mit Zugerker abgeschlossenen Fachwerkobergeschoss, dient heute als Heimatmuseum. Nun ging es hinunter zur Hauptstraße, wo wir durch das heute verschwundene Stadttor beim Vehnturm - er ist nach einer ehemaligen Torwächtersfamilie so benannt - wieder das Innere des im frühen 13. Jahrhunderts gegründeten Marktfleckens betraten.
Nun gelangten wir zurück zum Alten Rathaus. Dieses im Kern noch aus dem 15. Jahrhundert stammende Gebäude besticht vor allem durch sein 1781 entstandenes Fachwerkobergeschoss. Wir flanierten weiter bis zum Türmersturm, wo durch dunkles Straßenpflaster der einstige Verlauf der Stadtmauer angedeutet ist. Nun ging es nach Rechts hinauf zum Schlossgraben. Die Führung endete schließlich im Innenhof des Schlosses, wo der 2008 aufgestellte Schusterbrunnen augenzwinkernd die Konkurrenz der beiden in Herzogenaurach beheimateten und von den Gebrüdern Dassler gegründeten Sportartikelkonzerne Adidas und Puma aufgreift.

Abschied nach dem Kaffeetrinken

Nach dem Ende der Stadtführung ging es noch einmal in den "Roten Ochsen", wo Kaffee und Kuchen auf uns warteten. Es vergingen wohl noch rund anderthalb Stunden bei interessanten Gesprächen und - was zumindest mich betraf - gegenseitigem Kennenlernen. Am späten Nachmittag - die Runde war zwischenzeitlich in den Biergarten umgezogen - verabschiedeten wir uns von einander. Stefan Seltsam und seine Familie begleiteten uns noch bis zum Hotel Aurach, wo sich Reinhold Gepperts Nachfahren über Nacht einquartiert hatten. Nach einer Ruhepause marschierten Karl, Mariechen, Mutter, Alexandra, Nils und ich noch mal in die Stadt, wo wir in der Trattoria al Centro den Abend bei italienischem Essen und einem Gläschen Wasser ausklingen ließen.

In gemütlicher Runde im "Roten Ochsen"
Es gab allerlei zu besprechen ...
Beginn der Stadtführung auf dem Marktplatz
In der Maria-Magdalenen-Kirche
Blick zu Hospital und Kirche
 
Fachwerkhäuser an der Hauptstraße
Das Alte Rathaus
Häuser an der Hauptstraße
Im Schlosshof beim Schusterbrunnen

Sonntag, 8. September 2013

Nach dem Frühstück hieß es nun auch von Karl und Mariechen Abschied nehmen. Wir starteten gegen 10.00 Uhr um uns noch ein wenig in Mittelfranken umzusehen. Es hatte über Nacht geregnet und der blaue Himmel vom Vortag war nun von dunklen Wolken verhüllt. Zu unserer Freude klarte es bis zum Nachmittag immer mehr auf, so dass wir auch am Sonntag keine Regenjacken brauchten. Das erste Ziel des Vormittags war Cadolzburg, wo wir der durch Kriegseinwirkung 1945 schwer beschädigten, in den letzten Jahren aber mit großem Aufwand wieder hergerichteten alten Hohenzollernburg einen Besuch abstatteten. Für die am Sonntag Nachmittag um 14.00 Uhr stattfindende Führung waren wir leider viel zu früh, so dass wir es bei einer Außenbesichtigung bewenden ließen.

Bruckberg

Weiter ging es nach Bruckberg, wo meine Mutter von 1953 bis 1955 die von Diakonissen geleitete Marthaschule im Schloss besuchte. Auch ihre Schwester Ingrid (1935 - 1994) hatte einige Jahre vorher diese "Haushaltungsschule" durchlaufen. Mutter erzählte, dass die Schüler damals im Nordflügel des alten Schlossgebäudes untergebracht waren. Sie erinnerte sich an die Arbeit in der Küche, an den guten Zusammenhalt der Schülerinnen, die Freundlichkeit und Güte der Lehrerinnen und Diakonissen und an das schöne und besinnliche Weihnachtsfest, das sie hier erleben durfte. Wenn eine Schülerin Geburtstag hatte, so berichtete sie, wurde ihr Platz beim Mittagessen von den Mitschülerinnen mit Blumen geschmückt. Ein paar ruhige Minuten in der Woche waren dem gemeinsamen Briefeschreiben an die Eltern und Verwandten gewidmet. Nicht nur freudiges konnte sie nachhause schreiben; denn die 5 Mark Taschengeld, die sie im Monat bekam und über deren Verwendung sie im Auftrag der Schule (!) Buch führen musste, reichten oft nicht bis Ultimo, so dass sie die Mutter um Geld für Zahncreme, oder "Camelia"-Binden bitten musste.

Heilsbronn

Nach diesem Ausflug in Mutters Jugendjahre hatten wir tüchtigen Hunger bekommen und wir suchten uns im nahen Heilsbronn eine Gaststätte. Meine Wahl traf diesmal jedoch nicht den Geschmack meiner Mitreisenden, aber wir wurden trotzdem satt und bekommen ist uns das Essen auch. Was will man mehr?
Der nahe gelegene Klosterbezirk überraschte mich mit einem wirklich schön gestalteten "Kreuzgarten". Der weite Platz zwischen Münster und dem ehemaligen Refektorium des Klosters wurde neu angelegt und ich kam aus dem Staunen kaum heraus. Plötzlich wurden wir von einer Frau angesprochen, die uns fragte, ob wir Interesse an einer kurzen Führung im Münster hätten. Ich hatte ganz vergessen, dass an diesem Sonntag der "Tag des offenen Denkmals" war. Und da das Thema diesmal "Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?" gewesen ist, erhielten wir sehr interessante Informationen zur "Judensau", einer als Konsole dienenden Skulptur im Mortuarium des Münsters aus der Zeit um 1420.
Von der Führerin erfuhr ich, dass heute auch die Neue Abtei des Klosters geöffnet sei, ein Gebäude, das mich wegen einiger interessanter Räume schon lange interessierte. So konnte ich nun zum ersten Mal das "Kaiserzimmer" mit seiner geschnitzten Holzdecke aus dem Jahr 1495, die Abtszimmer mit ihren 1521 entstandenen Holzvertäfelungen und die im 14. Jahrhundert entstandene Abtskapelle mit ihrer außergewöhnlichen Decke und den flächigen Wandmalereien in Augenschein nehmen.
Damit neigte sich ein an neuen Eindrücken und Erfahrungen reicher Sonntag dem Abend entgegen und es war Zeit, die Heimreise anzutreten. Seinen Abschluss fand dieses schöne Wochenende mit einer Brotzeit beim Rangabauern in Tennach.

Harald Stark

Die Cadolzburg
Schloss Bruckberg
Nordflügel des Schlosses
Blick auf den Heilsbronner Klosterbezirk
Eingang zur Abtskapelle
Das Innere der Abtskapelle
Wandmalerei in der Abtskapelle