Johann David Stark - Auf Spurensuche um Falkenau



Stark-Tour am 16. April 2013 auf einer größeren Karte anzeigen

Angeregt durch einen neuen Kontakt, der über meine Internetseite zustande kam, verstärkte sich wieder einmal mein Interesse an Johann David Edler von Starck und sein längst vergangenes Firmenimperium in Nordwestböhmen. Einen der ersten richtigen Frühlingstage in diesem Jahr nutzend, machte ich mich auf, um in Altsattl bei Falkenau und in Oberschönbach nach Spuren der Vergangenheit zu suchen.

 

Altsattl (tschech. Staré Sedlo)

Die um 1850 entstandene Karte der III. militärischen Landesaufnahme Böhmens zeigt westlich von Altsattl das 1829 von Johann David Starck gegründete Alaunwerk. Wie ein Blick auf die Satellitenaufnahmen bei Google-Maps zeigt, befindet sich dort heute ein Wäldchen mit einer Häusergruppe auf einer Lichtung inmitten desselben. Ob dort noch Überreste der Alaunhütte zu finden sind, habe ich allerdings nicht überprüft. Stattdessen fuhr ich sogleich zum Schloss, das sich am Nordrand des Ortes über dem Steilhang zur Eger befindet. Hier hatte der am 1. Mai 1770 in Graslitz (tschech. Kraslice) geborene Industrie-Pionier Johann David Starck seit etwa 1816 seinen Hauptwohnsitz. Wann und von wem es gebaut wurde, konnte schon Anton Gnirs, der Verfasser der 1927 in Prag erschienenen Kunsttopographie des politischen Bezirks Elbogen, nicht ermitteln. Er vermutet aber, dass das Gebäude schon vor der Erwerbung durch Johann David Starck bestanden hat. Gnirs liefert folgende Beschreibung des Bauwerks: "Das Schloss baut sich auf einem rechteckigen Grundriß auf, aus dessen Längsseiten seichte, dreieckige Risalite hervortreten, in denen auf der Talseite die vornehmen Räume untergebracht sind. Der sich ergebende Quertrakt drückt sich auch in einer Überhöhung des Dachwerks aus. Das Wenige, was von altem Raumschmuck übrig ist, entspricht später Bauzeit, so die Parkettböden der einzelnen Räume und die Wandtapeten im Mittelsalon des ersten Stockwerkes. Der Schlosshof wird an der Ostseite von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden eingefaßt, der Raum an der Westseite ist Gartengrund. In einem dem Schlosse gegenüberliegenden Bautrakte ist in einer Wandnische eine S. Floriansstatue aufgestellt, deren bekränzter Sockel die Jahreszahl 1810 trägt. Sie stand noch 1850 in der Mitte des Schloßhofes und ist eine Arbeit des Elbogener Bildhauers Johann Wildt." (Gnirs, S. 18) Während die Wirtschaftsgebäude heute fast alle verschwunden sind, dient das schön renovierte Schloss gegenwärtig als Grundschule und Sitz der Gemeindeverwaltung.

Schloss Altsattl vom Garten aus aufgenommen. Ob die Floriansstatue noch die von Gnirs erwähnte aus dem Jahr 1810 ist, müsste überprüft werden.
Schlossansicht von der Ostseite
Ein schmaler Fußweg führt an der Westseite des Schlossgrundstücks hinunter ins Egertal, wo Starck schon 1826 ein Alaunwerk gegründet hatte, das er 1834 in ein Mineralwerk umgestaltete, in der die in der Altsattler Allerheiligenzeche bergmännisch gewonnenen Schwefelkiese zu Schwefel, Eisenvitriol, Kupfervitriol und gemischen Vitriolen verarbeitet wurden. Als erstes bemerkte ich beim Abstieg ins Tal das Mundloch des gleich nach dem Erwerb des Bergwerkes durch Johann David Starck 1816 aufgefahrenen St.-Johannes-Erbstollen. Dieser diente zur Entwässerung der Allerheiligenzeche und zur Förderung des darin abgebauten Schwefelkieses. Im wasserreichen Frühjahr gurgelten große Mengen Grubenwasser aus dem Stollen. Von der einstigen, vor dem Stollenmundloch errichteten Schwefelkieswäsche und der benachbarten Schwefelhütte, konnte ich keine Überreste ausmachen. Von den gegenüber, unterhalb des Schlosses gelegenen Betriebsgebäuden der Vitriolhütte, zeugen noch Ruinen und in Massen herumliegende Bruchsteine. Besonders eindrucksvoll ist jedoch die Fläche, auf der einst der dem Berg entrissene Vitriolschiefer auf Halden geschüttet, der natürlichen Verwitterung überlassen und schließlich mit Wasser ausgelaugt wurde. Bis auf den heutigen Tag kann hier aufgrund der in den Boden eingebrachten Chemikalien keine Vegetation gedeihen.
Der 1816 aufgefahrene St.-Johannes-Erbstollen

Die Grundmauern der ehemaligen Vitriolhütte im Egertal bei Altsattl
Blick über den Standort ehemaliger Betriebsgebäude im Egertal zum Schloss
Dort wo einst die auf Halden geschütteten Schwefelkiese ausgelaugt wurden gibt es bis heute kaum Vegetation

Nur wenige Kilometer unterhalb von Altsattel befindet sich die von einer Egerschleife umflossene Stadt Elbogen (tschech. Loket) mit ihrer mächtigen Burg. Heute waren es aber die kulinarischen Verlockungen, die mich auf den malerischen Marktplatz der Stadt zogen. Nach dem Mittagessen blieb nicht viel Zeit zum Verweilen. Auf der Straße umrundete ich Elbogen um dann auf der steil bergauf führenden Straße in Richtung Chodau zu fahren. Immer wieder erhaschte ich beim Fahren Blicke auf den riesigen Tagebau, der nordwestlich von Neusattel (tschech. Nové Sedlo) das ganze Egertal durchschneidet.
Das östlich von Chodau (tschech. Chodov) gelegene Dorf Münchhof (tschech. Mírová), wo die Starcks seit 1838 Bergbau betrieben, ließ ich rechts liegen und wählte die Straße von Chodau über Wintersgrün (tschech. Vintírov) und Lanz (tschech. Lomnice) nach Zwodau (tschech. Svatava) die zwischen den beiden ausgedehnten Kohlentagebauen nordöstlich von Falkenau (tschech. Sokolov) hindurchführt. Das einst an dieser Strecke gelegene Dorf Littmitz (tschech. Lipnice), wo die Firma Starck ebenfalls Bergbau und Mineralwerke betrieb, ist im Tagebau untergegangen. Kurz vor Lanz öffnete sich ein Ausblick auf den im Süden gelegenen Braunkohlentagebau, den ich für die Aufnahme von einigen Fotografien nutzte.

 

Braunkohlen-Tagebau bei Falkenau (Sokolov)

Das von Zwodau (tschech. Svatava) aus jenseits der Bahnlinie nach Graslitz (tschech. Kraslice) an der Straße nach Haberspirk (tschech. Habartov) gelegene Davidsthal, ist heute wohl ein Ortsteil von Svatava. Die Bebauung ist auf dem ersten Blick modern und es fiel mir schwer, diese interessante Siedlung, die vom Erbauer der hier 1808 errichteten Oleumfabrik, Johann David Starck, ihren Namen erhielt, zu lokalisieren. Deshalb habe ich hier vorerst auch keine Fotoaufnahmen gemacht.
Über Gossengrün (tschech. Krajková) fuhr ich nun weiter in Richtung Schönbach (tschech. Luby), das ich nach einer langen Fahrt auf holpriger Straße durch die Waldeinsamkeit des Leibitschbach-Tales auch glücklich erreichte. Übrigens markierte der Leibitschbach Jahrhunderte lang die Ostgrenze des Egerlandes.

Oberschönbach (tschech. Horní Luby)

Die Ruinen des Schlosses Oberschönbach liegen in einem Wäldchen westlich der Straße von Schönbach (tschech. Luby) nach Markneukirchen im sächsischen Vogtland. Erbaut hatte das einst in manieristischer Pracht errichtete dreiflügelige Schloss in den Jahren 1605 bis 1608 Baron Heinrich von Pisnitz, dessen Familie die Herrschaft Schönbach von 1597 bis 1739 besessen hatte. Am 9. Dezember 1840 erwarb Joseph Karl Edler von Starck, der älteste Sohn Johann Davids, das Schloss. 1881 gehörten zum herrschaftlichen Meierhof 82,64 ha Äcker, 39,92 ha Wiesen, 2,15 ha Gärten, 4, 36 ha Weiden, 0,51 ha Teiche und 314,63 ha Wald. Die Gutsherrschaft hatte einen durchschnittlichen Ertrag von 2.428 Gulden. Dazu gehörte auch ein allerdings nicht in Eigenregie betriebenes Brauhaus in Oberschönbach. Gutseigentümer war damals Alexander Edler von Starck, der einzige Sohn Joseph Karls. 1897 veräußerten dessen Erben Oberschönbach an den Generalkonsul Arthur Rosencrantz. Zur Suche nach der Familiengruft im nahen Schönbach reichte die Zeit nicht mehr, da der Nachmittag schon ziemlich fortgeschritten war.

Harald Stark

Tor-Säule an der Schlossallee in Oberschönbach
Die Südseite des Schlosses Oberschönbach
Die Ruinen des östlichen Seitenflügels von Norden
Blick durch ein Erdgeschossfenster ins Innere des westlichen Seitenflügels

Literatur:

Dr. Anton Gnirs: Topographie der Historischen und Kunst-Denkmale in Böhmen, XLIII. Der Politische Bezirk Elbogen, Prag 1927
Jaroslav Jiskra: Johann David Edler von Starck a jeho podíl na rozvoji hornictví a prumyslu v západních a severozápadních Cechách koncem 18. a 19. století, Sokolov 2005
Kollektiv: Heimatkreis Eger - Geschichte einer deutschen Landschaft in Dokumentationen und Erinnerungen, Amberg 1981
Anton Prochaska: Die Firma Joh. Dav. Starck und ihre Berg-, Mineral-Werke und Fabriken, Pilsen 1873
Joh. F. Procházka: Topographisch-Statistischer Schematismus des Großgrundbesitzes im Königreiche Böhmen, Prag 1881
Lorenz Schreiner (Hrsg.): Kunst in Eger, München/Wien 1992
Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen statistisch-topographisch dargestellt, 15. Bd. Elbogner Kreis, Prag 1847